Weltbank stärkt Indiens Regierung den Rücken

■ Neue Kredite, auch wenn religiöse Fanatiker Marktreformer diskreditieren

Berlin (taz) – Kurz vorm Jahreswechsel hat die Weltbank Indien neue Kredite zugesagt: 702 Millionen Dollar sollen demnächst überwiesen werden. Damit will die New Yorker Finanzinstitution das von Premierminister Narasimha Rao und seinem Finanzminister Manmohan Singh eingeleitete Reformprogramm weiter unterstützen: Reformen, das heißt für Regierung und Weltbank eine Reduzierung der Inflation und mehr ausländisches Kapital.

Die Regierung in Neu Delhi war im letzten Jahr bemüht, ihren neuen Liberalisierungskurs weltweit publik zu machen. Die Zerstörung der 430 Jahre alten Ayodhya- Moschee durch militante Hindus und die anschließenden Massaker aber haben Narasimha sowohl international als auch innenpolitisch arg in Bedrängnis gebracht. Sein Vorschlag, Moschee und Tempel nebeneinander aufzubauen, wurde von den Moslems abgelehnt; ein Kompromiß ist nicht in Sicht. Die Kreditzusage aus der Chefetage der Weltbank soll nun offenbar der Talfahrt der marktorientierten indischen Regierung entgegensteuern.

Der größte Betrag, ein Billigzinskredit der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA) in Höhe von 500 Millionen Dollar, wird in ein „soziales Sicherheitsnetz-Programm“ investiert. Geplant ist, Grundschulen und die Gesundheitsversorgung zu verbessern und in einigen Landesteilen Ernährungsprogramme aufzulegen. Außerdem sollen Menschen, die infolge der Reformen ihren Job verlieren, Umschulungsmöglichkeiten angeboten werden. Ziel ist es, die weitere Verschlechterung der Lebensbedingungen durch die Reformpolitik bei der betroffenen armen Bevölkerung aufzuhalten. Die EG, die USA, Deutschland und die Niederlande haben hierfür nach Angaben der Weltbank zusätzliche Finanzmittel in Höhe von 406 Millionen Dollar zugesagt.

115 Millionen Dollar hat die Weltbank für ein Projekt zur Förderung von alternativen Energieformen und zum Schutz der Wälder zugesagt. Unter der Schirmherrschaft der Behörde für die Entwicklung erneuerbarer Energien (IREDA) sollen private Unternehmer unterstützt werden, die mit Windparks, kleineren Wasserkraftwerken oder Solarpanelen Strom erzeugen. Auch hier gibt es Ko-Finanziers: Dänemark will 50 Millionen Dollar bereitstellen, und der Globale Umwelt Trust Fond hat 26 Millionen Dollar zugesagt.

Schließlich will die Weltbank die staatliche „Tamil Nadu Zeitungspapier und Papier Gesellschaft“ dabei unterstützen, aus einem Abfallprodukt der Zuckerrohrgewinnung Papier herzustellen und so den steigenden Papierbedarf Indiens zu decken, ohne die spärlichen Wälder des Landes noch weiter zu roden. Der letzte angekündigte Kredit in Höhe von zwölf Millionen Dollar wird für die Entwicklung eines Brandbekämpfungsprogrammes für das Kohlenrevier in Jharia verwendet werden. Das Kohlenrevier im Bundesstaat Bihar ist Indiens einzige Ressource an primärer Kokskohle. Schwer löschbare Brände bedrohen die Energiequelle. aje