Minister Möllemann hat einen Freund

■ Der FDP-Mann Achim Rohde stellt sich schützend vor den Briefbogen-Spezialisten Jürgen W. Möllemann / Wollte das Wirtschaftsministerium die Briefbogen-Affäre vertuschen?

Berlin (taz/dpa) – Die Affäre Möllemann steuert auf ihren Höhepunkt zu. Am Donnerstag ist der noch amtierende Wirtschaftsminister vorzeitig aus seinem Urlaubsort in der Karibik zurückgekehrt. Morgen will er sich in Bonn der Presse stellen und eine Erklärung abgeben. Am gleichen Tag und noch vor seiner Pressekonferenz muß Möllemann dem FDP- Präsidium Rede und Antwort stehen. Am Montag tagt dann der FDP-Vorstand, am darauffolgenden Dienstag der Wirtschaftsausschuß des Bundestags.

Unterdessen fand sich nach mehr als einer Woche doch noch ein Politiker und Parteifreund, der bereit ist, den Briefbogen-Spezialisten Möllemann (FDP) zu unterstützen. Achim Rohde, seines Zeichens Vorsitzender der FDP-Fraktion in Möllemanns Landesverband Nordrhein-Westfalen, sprach von einem „moralischen Vernichtungsfeldzug gegen Möllemann, ausgelöst durch eine Lappalie“. Scharfe Kritik übte Rohde an der Haltung von FDP-Chef Lambsdorff. Der FDP-Chef habe „zweideutige Erklärungen abgegeben, die enttäuschend sind“. Der FDP- Fraktionschef im Bundestag, Solms, erklärte, Möllemann solle eine „faire Chance“ eingeräumt werden, um die Vorwürfe auszuräumen.

Möllemann war ins Zwielicht geraten, als bekannt wurde, daß er auf Briefbögen seines Ministeriums für die Geschäfte eines angeheirateten Vetters und für einen Wunderheiler eingetreten war. Am Mittwoch hatte sich auch Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) in die Affäre eingeschaltet und Möllemann aufgefordert, sofort nach seiner Rückkehr die gegen ihn erhobenen Vorwürfe umfassend aufzuklären. Über einen Kontakt Möllemanns mit Kohl war gestern nichts bekannt. Der Bundeswirtschaftsminister war seit seiner Rückkehr aus der Dominikanischen Republik für die Presse nicht zu sprechen.

Inzwischen wurden neue Ungereimtheiten bekannt. So soll das Wirtschaftsministerium nach Bekanntwerden der Empfehlungsschreiben zugunsten eines angeheirateten Vetters gebeten haben, das Schriftstück sofort zu vernichten und Diskretion zu wahren. Das Ministerium wies die Darstellung zurück und hielt dem entgegen, ein Mitarbeiter des Ministeriums habe die angeschriebenen Unternehmen gebeten, den Brief vom 17. März 1992 „als gegenstandslos zu betrachten“.

Möllemann hatte zwei Tage nach Bekanntwerden der „Briefbogen-Affäre“ kurz vor Weihnachten betont, der Vorfall sei hausintern aufgeklärt. Er trage die Verantwortung. Der Verfasser des Werbebriefes, einer seiner Mitarbeiter, habe in gutem Glauben gehandelt. Er selbst habe von Brief und Produkt erst durch die Anfrage des Stern erfahren. klh