Endlager versteigert

■ 200 AtomkraftgegnerInnen übersteigen Bauzaun in Gorleben

Berlin (taz) – Das Gelände des geplanten Atommüllendlagers Gorleben ist in einer Blitzaktion gestern in Parzellen aufgeteilt und anschließend symbolisch versteigert worden. Am frühen Nachmittag hatten rund 200 AtomkraftgegnerInnen mit einer eigens für den Gorlebener Bauzaun angefertigten Treppenkonstruktion die Absperrung des Geländes überwunden und es sich auf dem Platz des Endlagers für hochradioaktiven Atommüll bequem gemacht.

Die AtomkraftgegnerInnen protestierten mit ihrem Neujahrshappening gegen eine Entscheidung der rot-grünen Landesregierung in Hannover. Die Landesregierung hatte den weiteren Ausbau der Schächte für das Atommüllendlager Gorleben per Ausnahmegenehmigung gestattet.

„Rot-Grün redet vom Ausstieg, aber praktiziert das Gegenteil“, schimpfte der Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke. Jede Packung „Snickers“, die in Gorleben verkauft werde, bedürfe eigentlich einer Sondergenehmigung. Aber per Koalitionsvereinbarung zum Atomausstieg verpflichtete Landesregierung erlaube der Atomindustrie, trotz abgelaufener Baugenehmigung ihr Endlagerprojekt weiterzubetreiben. Die beiden rund 300 Meter tiefen Schächte im Salz sollten nur vorm Einsturz bewahrt werden, hieß es dagegen in Hannover.

Die Wachmannschaften des Betreibers, der Deutschen Gesellschaft für den Bau und Betrieb von Endlagern, schritten gestern nachmittag zunächst nicht ein. Auch von der Polizei war nach Angaben der Besetzer um kurz nach 15 Uhr noch niemand zu sehen. Das Endlagerprojekt Gorleben ist bislang der einzige Standort, an dem die Bundesregierung und die deutsche Atomindustrie glauben ihren hochradioaktiven Müll künftig endlagern zu können. Der Atommüll soll in einem unterirdischen Salzstock verbuddelt werden. Der ins Auge gefaßte Salzstock in Gorleben gilt allerdings als unsicher. ten