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„Moralische Katastrophe“

■ Ralph Giordano schreibt Helmut Kohl, 2. Teil

Berlin (taz) – Der Schriftsteller Ralph Giordano hat die Neujahrsansprache von Bundeskanzler Helmut Kohl scharf kritisiert. Als „eine einzige Beleidigung der Wirklichkeit“ bezeichnete Giordano die im Fernsehen ausgestrahlten Worte des Kanzlers, die durch „ihre Begütigungen, ihre Beschönigungen, ihre Auslassungen“ geprägt gewesen seien. Kohl habe weder einen persönlichen Satz über die 17 im letzten Jahr von Rechtsextremisten ermordeten Menschen verloren noch die Überfälle auf das Flüchtlingsheim in Rostock direkt erwähnt. Kohl habe auch kein Gespür für die Pflicht gezeigt, „Mölln beim Namen zu nennen, sich zu verneigen vor den Hinterbliebenen der Mordanschläge, ihnen Sicherheit, ihnen Gewißheit der Unwiederholbarkeit zu geben, auch durch die mächtigen Mittel des Staates“.

Das „eigentlich Grauenhafte dieser Ansprache“ sei „ihre Beliebigkeit“ gewesen. In seinem Beitrag für die taz schreibt Giordano weiter: „Ich habe kürzlich geschrieben, Kohl sei ein nationales Unglück. Heute, am 2. Januar 1992, füge ich hinzu: und eine moralische Katastrophe.“ Seite 12

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