Neues Genre "Öko-Thriller"?

■ Rasante Recherchen: Mit Palmers Krieg debütiert der Hamburger Journalist Dirk C.Fleck als Krimiautor

debütiert der Hamburger Journalist Dirk C. Fleck als Krimiautor

Den harten amerikanischen Crimestories und den feinen britischen Thrillern mußten die Pioniere des deutschen Krimis wie Hansjörg Martin oder Horst Bosetzky alias -ky einst noch besondere Denkleistungen entgegenstellen - heute stromern Literatur-Detektive selbst durch Altona und St. Georg schon im Dutzend. Da fällt eine spannende Polit-Fiction des Hamburger Autors Dirk C. Fleck (in der Thriller-Reihe des Hamburger Verlages Rasch und Röhring) umso stärker aus dem neudeutschen Krimi-Genre mit seinem provinziellen Bezug, weil dessen Geschichte einmal um den Erdball rast.

Die Geschichte beginnt im Wolkenkratzer eines Ölmultis mit Sitz in Dallas, findet ihre Fortsetzung in einer gesichtschirurgichen Abteilung einer Klinik in São Paulo und auf einer japanischen Werft, spielt in einem Knast in Marseille und unter der schweißtreibenden Sonne von Abu Dhabi, um schließlich vor dem UN-Gebäude in New York bis zum showdown zu eskalieren.

Das Buch Palmers Krieg fällt in der Reihe deutschsprachiger Neuerscheinungen auch deswegen auf, weil hier literarisches Neuland betreten wird - „Öko-Thriller“ dürfte ein passendes Etikett sein. Denn der sterbenskranke Robert M. Hodes, der sich später Robert Palmer nennen wird, will vor seinem Ableben noch eine gute Tat vollbringen - und plant die Entführung eines Supertankers seines bisherigen Arbeitgebers „Barrel Oil“, um die amerikanische Regierung unter umweltpolitischen Druck setzen zu können. „Ökoterrorismus: Notwehr oder Nötigung“ hat der Verlag dazu auf den Buchrücken getextet. Nach Erscheinen von Palmers Krieg hat zumindest eine mögliche Dimension durch das Ausmaß der Ölkatastrophe an der nordspanischen Küste noch einmal besondere Aktualität erfahren.

Für den in Eimsbüttel wohnenden Autor ist Palmers Krieg sein Buch-Debüt, obgleich er schon seit Jahrzehnten vom Schreiben lebt. Denn als ehemaliger Lokal-Chef der Hamburger Morgenpost (für die er einst die erste Serie über die Elbverschmutzung initierte), und als fester Autor oder Redakteur für Magazine wie Geo, Merian und Tempo (für letzteres entwickelte er einst ein vielbeachtetes Plagiat des „Neuen Deutschland“), hatte er ausreichend Gelegenheiten, die fernen Schauplätze seines Romans selbst zu studieren.

Die aufwendige Recherche des früheren Volontärs beim Spandauer Volksblatt und späteren Kellners und Konzertveranstalters in Bayern unterscheiden den Thriller von anderen Neuerscheinungen. Als Reporter nahm er beispielsweise die Gelegenheit wahr und fuhr auf einem dieser gigantischen Supertanker mit - bei der Kombination von Faktenfülle und Lesbarkeit fühlt man sich an die besten Momente von B. Traven (Das Totenschiff) erinnert, die zumeist knapp-lakonische Sprache erreicht oft die Größe von Genremeistern wie Chandler und Hammett („Palmer baute die Figuren auf und spielte eine Partie nach, die beim Duell zweier Giganten im Sommer '72 neue Maßstäbe gesetzt hatte. Ihr Krieg endete nach dem 84sten Zug remis. Es war die komplizierteste Vergeudung menschlicher Intelligenz seit der Erfindung der Werbeagenturen.“)

Die Fiktive in Flecks spannendem Buch ist eben oft nur einen Hauch von der Wirklichkeit entfernt, und wenn Bob Dylan und U2 im Central-Park ein Solidaritäts-Konzert für den „Öko-Terroristen“ abhalten, ist solche Modernität ob des Wiedererkennungs-Effekts höchst unangenehm. Passende Lektüre für Leute, für die Unterhaltung und Intelligenz kein zwingender Gegensatz ist. Raut Mert

Dirk C. Fleck: „Palmers Krieg“, Rasch und Röhring Verlag, 290 Seiten, 36 Mark

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