Tausende Berliner zog es auf die gefrorenen Seen

■ Ein fünfjähriger Junge in Köpenick tot aus dem Eis geborgen/ Ab Mittwoch soll es wieder wärmer werden/ Winterbekleidung ist Verkaufsschlager in den Kaufhäusern

Berlin. Offenbar beim Betreten der gefrorenen Spree ist ein fünf Jahre alter Junge eingebrochen und anschließend ertrunken. Die Leiche des Kindes wurde gestern mittag in der Nähe der Dammbrücke in Köpenick von der Feuerwehr geborgen. Nach Angaben der Polizei hatte ein Zeuge den Anorak des Jungen unter den Eisschollen entdeckt. Erste ärztliche Untersuchungen ergaben, daß das Kind schon vor drei bis vier Tagen umgekommen sein muß.

Obwohl die Wasserschutzpolizei die Berliner Gewässer nicht offiziell freigegeben hatte, tummelten sich am Wochenende bei Temperaturen um minus 13 bis 15 Grad Tausende von Berlinern auf den Seen. Hauptanziehungspunkte waren unter anderem der Müggelsee, der Tegeler See, der Weiße See und der Groß Glienicker See oder der Grunewaldsee, wo 15 Zentimeter Eisschicht gemessen wurden. Auf dem Müggelsee, wo eiskalter Wind so manchen Besucher bestrafte, der Handschuhe oder Mütze vergessen hatte, gab die Wasserschutzpolizei eine Eisdecke von 12 Zentimetern Stärke an. So mancher Surfer fühlte sich offenbar an den Sommer erinnert und pflockte das Segel auf selbstgebaute Schlitten, um damit den See zu überqueren. Viele Gaststätten, wie etwa das Café „Rübezahl“ am Müggelsee östlich von Köpenick waren von durchgefrorenen Gästen überfüllt.

Trotz der Minustemperaturen warnt die Wasserschutzpolizei vor dem Betreten der gefrorenen Gewässer: Belüftungsanlagen – wie am Tegeler See – sollten die Besucher umgehen. Ebenso sind Wasserwerke wie am Teufelssee im Grunewald eine Gefahrenquelle. Besonders aber sollten die Spree und Fahrrinnen für die Schiffahrt auf dem Wannsee gemieden werden. Wellenschlag, Strömungen oder die Einleitung verschiedener Stoffe machen hier das Eis oftmals brüchig. Die Wasserschutzpolizei weist vor allem darauf hin, daß das Befahren der Eisflächen mit Autos, Fahrrädern oder etwa das Hacken von Löchern strafbar ist.

Ab Mittwoch sollte der Gang auf das Eis auf jeden Fall unterlassen werden. Bis dahin wird sich laut Wetterdienst der Freien Universität das derzeit über Rußland herrschende Hoch „Markus“ wieder abgeschwächt haben. Erwartet werden dann Temperaturen über dem Gefrierpunkt sowie Schneefall, der vereinzelt auch in Regen übergehen kann.

Die Kälte des Wochenendes bescherte auch dem Entsorgungsdienst der Berliner Wasser-Betriebe (BWB) zusätzliche Arbeit. Betroffen war vor allem der Ostteil der Stadt. Mieter in Friedrichshain, Pankow und Köpenick mußten zeitweise ohne Wasser auskommen. 20 Teams waren rund um die Uhr im Einsatz, um die Schäden so schnell wie möglich zu beheben. Bis zum Redaktionsschluß verbuchte die Feuerwehr 15 Wasserrohrbrüche in der ganzen Stadt. Zu Schaden kam dabei niemand.

Am verkaufsoffenen Samstag meldeten viele Kaufhäuser Rekordergebnisse, vor allem bei Winterbekleidung. Absoluter Renner waren jedoch Schlittschuhe. Allein im Karstadt-Kaufhaus in der Müllerstraße (Wedding) wurden in drei Stunden rund 250 Paar verkauft. Am Alexanderplatz mußten zahlreiche Winterartikel wegen des großen Bedarfs nachgeordert werden.

Alternativ zum Wintersport zog es viele am Wochenende in die wärmenden Hallen der Museen. Spitzenreiter waren die Ufa-Ausstellung im „Deutschen Historischen Museum“ im Zeughaus und die Bilder des spanischen Malers Pablo Picasso in der „Nationalgalerie“ in Tiergarten. Letztere zählte allein am Samstag mehr als 7.000 Besucher. sev