■ Im tadschikischen Krieg wurden 50.000 Menschen getötet
: Willkommene Kommunisten

Der Kommunismus ist tot, es lebe der Kommunismus! Tot ist er in Moskau, Warschau, Budapest, Prag, Berlin und in anderen Metropolen des östlichen Abendlandes. Er lebt aber in Kulab. Man kann den europäischen Zeitungslesern nicht verdenken, daß sie nicht wissen, wo Kulab liegt, ebensowenig wie die Kulabi etwa über Kaufbeuren Bescheid wissen dürften. Zur Kenntnis des geneigten Lesers sei gesagt: Kulab ist ein tadschikisches „Oblast“ mit ein paar hunderttausend Seelen, fleißigen Baumwollbauern und den angeblich schönsten Frauen Tadschikistans in den buntesten Farben des Orients. Kulab liegt zwischen Gurgan Tapa, Schahre Tus, Gharm und dem vorderen Badachschan.

Nach dieser Lokalisierung der Wiege des neugeborenen Kommunismus am Pamir also zur Sache. Diese freilich wäre weder der taz noch der FAZ auch nur eine einzige Zeile wert, hätte der Sieg des kulabischen Kommunismus nicht 50.000 Menschen das Leben gekostet und eine halbe Million aus ihren Heimatorten vertrieben. Der kommunistische Clan der Kulabi, geführt von einem ehemaligen Sträfling mit Namen Sangak Safarow, der aussieht wie eine Mischung aus dem einstigen Khan von Buchara und Fidel Castro, hat auch den Traum eines Volkes zunichte gemacht, das nach 70 Jahren kommunistischer Gewaltherrschaft nach einem eigenen Weg suchte. Dabei geht es im tadschikischen Bürgerkrieg nicht um den Kampf zwischen Ethnien wie auf dem Balkan, zwischen Völkern wie in Palästina, zwischen Religionen wie auf dem indischen Subkontinent, sondern um einen Kampf zwischen Städten und Regionen, die derselben Herkunft sind und dieselbe Sprache sprechen.

Hinter dem blutigen Lokalchauvinismus stehen freilich handfeste Dinge. Wenn auch hier oder da rote oder grüne Fahnen gehißt werden, es geht im Grunde genommen um den Versuch der alten Mächte, also der Nomenklatura, die verlorenen Posten und Privilegien zurückzubekommen. „Der Kommunismus in Mittelasien“, sagte die usbekische Schriftstellerin Zuima Ghani, „bedeutet das Studium für die Söhne der Bonzen und die Mitgift ihrer Töchter.“ Indes hat der Clan der Kulabi nicht nur militärische Hilfe aus Moskau bekommen, sondern politische Unterstützung aus Washington, das die gestürzte Koalitionsregierung aus muslimischen, nationalistischen und demokratischen Gruppierungen als das trojanische Pferd der verhaßten persischen Ayatollahs in Mittelasien betrachtete. Einst hofierte das Weiße Haus den afghanischen Fundamentalisten Hekmatyar als Kommunistenkiller. Jetzt segnet es den kommunistischen Moslemjäger Sangak Safarow. Welch eine wandelbare Welt! Ahmad Taheri

Publizist, lebt in Frankfurt a.M.