Agent des israelischen Geheimdiensts ermordet

■ Offizielle Stellen machen Hamas-Bewegung verantwortlich/ Fünf Tote im Gaza-Streifen

Tel Aviv (taz/AFP) – Die Genugtuung des israelischen Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin war verfrüht. Gerade hatte er noch am Sonntag betont, daß die Deportation von 415 Palästinensern zu einer wesentlichen Beruhigung der Lage in den besetzten Gebieten beigetragen habe und seit der Ausweisung kein einziger israelischer Staatsbürger zu Schaden gekommen sei. Doch in den letzten 48 Stunden wurde ein Geheimdienstagent getötet und ein israelischer Bauarbeiter bei Tel Aviv von einem Palästinenser aus Hebron unter bisher ungeklärten Gründen schwer verletzt.

Bei einer Explosion im Gepäckraum eines Busses, der zwischen Haifa und Tel Aviv verkehrt, kam niemand zu Schaden. Auf der anderen Seite wurden am Sonntag im Gaza-Streifen bei Zusammenstößen mit israelischen Sicherheitskräften drei Palästinenser getötet und mindestens zwanzig schwer verletzt. Und gestern wurden im Flüchtlingslager Rafah, ebenfalls im Gaza-Streifen gelegen, die Leichen zweier Palästinenser aufgefunden, die vermutlich von Landsleuten getötet wurden, weil sie als Kollaborateure galten.

Vor allem der Mord an dem israelischen Geheimdienstagenten dürfte innenpolitisch für neuen Zündstoff sorgen, zeigt er doch, daß sich die Hoffnung auf Ruhe nach den Deportationen als illusionär erwiesen hat. Israelische Zeitungen reagierten gestern auf die Tat mit Kritik an der Ausweisungsentscheidung der Regierung. Dazu kommt, daß die Täter nach offizieller Darstellung der radikalen Hamas- Bewegung angehörten. In einem Kommuniqué von Hamas, das gestern in den besetzten Gebieten verteilt wurde, hieß es, die israelische Regierung verstehe nur die „Sprache der Bajonette“. Ohne auf den Mord explizit einzugehen bekräftigte die Untergrundorganisation, der „heilige Krieg gegen israelische Soldaten und Grenzpolizisten“ sei legitim.

Der Mord an dem 29jährigen Offizier des Inland-Geheimdienstes Shin Bet, Haim Nachmann, ereignete sich, als der Agent sich im Jerusalemer Stadtteil Reshiva mit einem palästinensischen Informanten treffen wollte. Nach Angaben der Untersuchungsbehörden erschien der Informant jedoch in Begleitung eines zweiten Mannes. Im Zuge seines Kampfes sei Nachmann mit Messerstichen und Hammerschlägen getötet worden – ein Hinweis auf „Waffenmangel“ der Täter, die dann auch, neben „sensiblen Dokumenten“, die Pistole des Opfers mitnahmen.

Nach Angaben der israelischen Sicherheitsdienste handelt es sich bei dem Mord um einen besonders schweren Schlag für die verschiedenen israelischen Geheimorganisationen und ihre palästinensischen Agenten in den besetzten Gebieten, die von den palästinensischen Organisationen als „Kollaborateure“ gesucht werden, um ihnen das Handwerk zu legen oder sie zu ermorden. a.w.