Nur Tricks helfen gegen Müllflut

■ Verwirrend aber nicht effektiv: Die Spielgegeln des Grünen Punktes lassen alle wensentlichen Fragen offen

Alle Verpackungen, die nicht von dem Grünen Punkt geziert werden, muß der Handel seit Anfang dieses Jahres wieder zurücknehmen. So steht es in der Verpackungsverordnung, dem Regelwerk des Dualen Systems. Im Klartext: Bekommt der Tabakhöker von einem Kunden die ausgediente Zigarettenschachtel wieder auf die Ladentheke zurück, muß er sie zähneknirschend „entsorgen“. Nur für die mit einem Grünen Punkt gekennzeichneten Verkaufsverpackungen entbindet die Verordnung Hersteller und Vertreiber von der Rücknahmeverpflichtung.

In Hamburg gibt es das Duale System allerdings bisher nur auf Stapeln von gepunkteten Werbeprospekten. Trotzdem konnte die Umweltbehörde die Händler der Stadt vor Müllfluten bewahren.

Denn die Verordnung hat, gut verpackt in ihren Paragraphen, Tücken und Schlupflöcher. Der Knackpunkt sind die Quoten. Eigentlich müssen seit einer Woche auch in Hamburg je 30 Prozent der ausgedienten Kunststoff-, Aluminium- und Weißblech- Verpackungen gesammelt werden. Aber einem kleinen Nachsatz verdanken es die Läden, daß sie nicht schon heute in leeren Joghurtbechern ersticken. Bis zum 30.Juni 1995 gelten die Sammelquoten als erfüllt, wenn 50 Prozent des gesamten Verpackungsmülls erfaßt werden. Gerechnet wird nach Gewicht.

Eine Sektflasche, die Neujahr in den Glascontainer flog, macht einen Haufen Getränkekartons der „Leichtstoff-Fraktion“ wett, für die es noch keinen passenden Sammelsack gab. Die Umweltbehörde konnte dem Dualen System den Freifahrschein also nur deshalb erteilen, weil Glas so schwer wiegt.

Doch das ist nicht die einzige Tücke des angeblich so umweltfreundlichen Duale Recycling-Systems. So prangt der Grüne Punkt auch auf den giftigsten und ätzendsten Produkten, die der Markt hervorbringt, auf Sprühdosen mit Schädlingsbekämpfungsmitteln, Flaschen mit Lösungs- oder Desinfektionsmitteln. Und das obwohl Verpackungen, denen Reste von gesundheits- oder umweltgefährdenden Chemikalien anhaften, von der Verpackungsverordnung vorsorglich ausgeschlossen worden sind. Sie dürfen auch nach Chemikaliengesetz nicht in dünnen Plastiksäcken gesammelt und transportiert werden. Aber in den gelben Wertstoff-Sack, der bis Ende nächsten Jahres alle Hamburger Haushalte ereilt haben wird, sollen sowieso nur saubere Behältnisse ohne Inhaltsreste hinein – so steht es auf den gelben Beuteln. Für dreckige Verpackungen gibt es keine saubere Lösung. Vera Stadie