Fücks: „Keine Negativbilanz“

■ Nach einem Jahr: bescheidener Umweltsenator / „Keine Auszeit für ökologische Wende“

„Keine Negativbilanz“, aber durchaus skeptische Zwischentöne präsentierte Ralf Fücks gestern bei seiner Bilanz des ersten Ampel-Jahres als Bremer Umweltsenator. „Wir würden uns in der Opposition gegen eine große Koalition pudelwohl fühlen“, meinte er, um der Umweltpolitik willen müßten die Grünen allerdings die Gratwanderung einer Regierungs-Beteiligung auf sich nehmen. Bundesweit gebe es eine „veränderte Großwetterlage“, in Bonn werde sogar eine „Auszeit für kostenwirksame Umweltgesetze“ debattiert — wie unter Schmidt 1975. Ökologie als Luxus? „Dies wird es mit den Grünen nicht geben“, versicherte Fücks. Denn die Zerstörungen der Lebensgrundlagen würden unumkehrbar, „wenn und die ökologische Wende in der Industriepolitik nicht gelingt. Und eine moderne Industriepolitik muß auf umweltfreundliche Techniken und Produkte setzen, wenn die Märkte von morgen nicht verpaßt werden sollen“.

Wie schwer das im Detail sein kann, erweist sich an dem Versuch, die Müllverbrennung durch Recycling zu ersetzen. Daß Ende 1996 die Bremer MVA geschlossen werden soll, ist nach wie vor

„Ziel unserer Politik“, formulierte Fücks vorsichtig. Vielleicht wird es aber auch ein wenig später. Den „Gelben Sack“ gibt es derzeit gerade für 29.000 Einwohner Bremens, und die sortierten Müll- Fraktionen lagern gepreßt bei der Firma Meyer auf dem Hof, weil ein

Abtransport sich noch nicht lohnt. Welche Kunststoff-Sorten wohin zur Wiederverwertung gebracht werden sollen, ist bis heute nicht entscheidbar — die Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB) arbeiten mit Hochdruck an tausend Detail- Problemen.

Die größte Enttäuschung ist für den Stadtentwicklungs-Senator die Verkehrspolitik: 1992 mußten die grünen Ansprüche „viele Federn lassen“. Erfolge sieht Fücks dagegen bei der Wohnbauplanung, größere Grünflächen mußten nur im Falle des Gebietes Weidedamm III angegriffen werden. Bei dem Thema „Gewerbeflächenpolitik“ ist das Stadtplanungs-Ressort auf den Streit um die Hemelinger Marsch gut vorbereitet: 500 Hektar Flächenreserven haben die Stadtplaner aufgelistet, „keine Notwendigkeit“ also, die Hemelinger Marsch für Gewerbeansiedlung zu zerstören, sagt Fücks.

Soweit es von Bremen aus geht, guckt Fücks auch auf die Bonner Politik. „Für uns kommt eine Zustimmung zu einer Grundgesetz- Änderung, die die Bundesrepublik praktisch abschottet, nicht in Frage“, erklärte er.

Entscheidend aber ist für den Umweltsenator, daß die Bremer Ampel eine positive Antwort auf die Frage gibt, „ob es in der Bundesrepublik noch eine Alternative zur Großen Koalition“ gibt. Dies müsse die Bremer Ampel bei aller Sparnotwendigkeit auch in der Sozialpolitik deutlich machen. K.W.