Jahrestag der Morde von 1919

■ Gedenk-Demo für Luxemburg und Liebknecht/ Friedenskoordinierung ruft auf/ 80.000 Teilnehmer 1992

Berlin. Mit einer Demonstration zur Gedenkstätte in Friedrichsfelde soll am Sonntag Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts gedacht werden. Zu der traditionellen Ehrung der beiden Arbeiterführer, die am 15. Januar 1919 ermordet worden waren, hat die Friedenskoordinierung Berlin aufgerufen, der linke Parteien und Organisationen sowie christliche Gruppen angehören. Von 9 bis 13 Uhr können die Teilnehmer an dem Porphyrstein mit der Inschrift „Die Toten mahnen uns“ defilieren und Blumen niederlegen. Vor einem Jahr waren 80.000 Menschen an den Gräbern vorbeigezogen.

Die Gedenkstätte für „die Opfer der Konterrevolution“ war einem Beschluß der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) folgend 1926 eingeweiht worden. Das Mahnmal wurde von dem Architekten und späteren Direktor des Dessauer Bauhauses, Mies van der Rohe, geschaffen und durch Spenden deutscher Arbeiter finanziert. Neben Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht fanden dort auch Opfer des „Blutmais“ von 1929 sowie ermordete Antifaschisten, unter ihnen der Kommunist Ernst Thälmann und der Sozialdemokrat Rudolf Breitscheid, ihre letzte Ruhestätte.

Die von den Nazis 1935 zerstörte Anlage erhielt 1951 ihre heutige Gestalt. In den folgenden Jahrzehnten wurden an dieser Stelle auch hohe Funktionäre der SED beigesetzt.

„Weitere Bestattungen sollen auf diesem Gelände nicht vorgenommen werden“, sagte eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Die Gedenkstätte stehe unter Denkmalschutz. „Aber Pläne, das Areal in die Ehrengräberliste des Senats aufzunehmen, gibt es nicht.“ Für die Pflege der zum städtischen Friedhof Lichtenberg gehörenden Gedenkstätte sei der Bezirk zuständig.

Die alljährliche Demonstration in Berlin war unter der SED-Führung zu einem Ritual erstarrt, bei dem es weniger um die Ehrung von Luxemburg und Liebknecht ging, sondern mehr um die Huldigung der Führungsriege. 1988 waren am Rande des Umzuges Bürgerrechtler verhaftet worden, die versucht hatten, ein Transparent mit dem Luxemburg-Zitat „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden“ zu entrollen. ADN