Showdown mit open end

■ USA und Golfkriegs-Alliierte stellen Irak Ultimatum

Washington (taz) – In der Dramaturgie von Showdowns haben beide Seiten inzwischen Erfahrung: 48 Stunden haben die USA und die wichtigsten Alliierten aus dem Golfkrieg dem Regime Husseins gegeben, um vier Raketenbatterien wieder aus der Flugverbotszone im Südirak abzuziehen. Andernfalls würden die Alliierten „angemessen und entschieden“ reagieren.

Fest steht, daß man im Pentagon nicht nur die Zerstörung der vier Raketenbatterien, sondern auch Angriffe auf irakische Luftwaffenstützpunkte in Erwägung zieht. Aus britischen Verteidigungskreisen verlautete, daß die ersten Angriffe innerhalb von Stunden nach Ablauf des Ultimatums geflogen werden. Beobachter halten für wahrscheinlich, daß eine Militäraktion bis zum Tagesanbruch am Samstag verschoben wird.

Das Ultimatum wurde am Mittwoch in New York dem irakischen UNO-Botschafter Nizar Hamdoon überreicht und läuft heute nacht um 23.30 MEZ ab. Die Regierung in Bagdad antwortete postwendend durch ihren stellvertretenden Ministerpräsidenten Tarik Asis. Der Irak habe das Recht, Waffen zu seiner Verteidigung im ganzen Land zu stationieren, erklärte Asis. Im übrigen erkenne Bagdad die Flugverbotszone südlich des 32. Breitengrads nicht an.

In ihrem Ultimatum verlangen die Alliierten ausdrücklich, daß die SA-2- und SA-3-Boden-Luft-Raketen sowjetischer Machart an „ihre ursprünglichen Stellungen“ zurückgebracht werden — also nicht kurz über dem 32. Breitengrad wieder aufgebaut werden dürfen. Raketenbatterien, die bereits vor Verhängung der „No-Fly- Zone“ im Süden stationiert waren, werden in dem Ultimatum nicht erwähnt.

Die scheidende und die zukünftige Regierung demonstrierten Schulterschluß. Bill Clinton selbst war am Mittwoch mehr mit den Nachrichten über das Budgetdefizit beschäftigt, das in diesem Haushaltsjahr weitaus größer sein wird als bisher angenommen. Über seinen Sprecher George Stephanopoulos ließ Clinton melden, daß er George Bush voll zustimme: „Wir werden keinerlei Verstöße gegen Resolutionen durch Saddam Hussein tolerieren.“ In Washington interpretiert man die Stationierung der Raketen als einen Versuch Husseins, ein mögliches Machtvakuum während des Regierungswechsels in den USA auszunutzen. Clinton-Berater rechnen zudem damit, daß es Hussein kurz nach Amtseinführung des neuen US-Präsidenten auf eine neue Nervenprobe ankommen lassen wird, um den polit-militärischen Spielraum unter einer demokratischen US-Administration zu testen.

Das Flugverbot südlich des 32. Breitengrads war im August letzten Jahres verhängt worden, um die Schiiten im Süden vor weiteren Luftangriffen der irakischen Armee zu schützen. Die Konfrontation zwischen dem Irak und den USA sowie ihren Verbündeten hatte sich zugespitzt, nachdem US-Kampfflugzeuge am 27. Dezember eine Maschine der irakischen Luftwaffe über der Flugverbotszone abgeschossen hatten. Nach Informationen der Washington Post hat das irakische Militär allerdings zwei der Raketenbatterien bereits vor dem 27. Dezember auf ein Territorium südlich des 32. Breitengrades verlegt. Andrea Böhm