Schuldenberatung ein Desaster

■ Förderverein: 32,5 BeraterInnen nötig, nur vier gesichert

Die Schuldnerberatung im Lande Bremen ist in einem katastrophalen Zustand. 16.000 Haushalte sind überschuldet, haben kein ausreichendes Einkommen, um das Abbezahlen ihrer Schulden überhaupt in Angriff nehmen zu können. Um diese Haushalte zu beraten, ihre Schulden zu regulieren und ihre Finanzlage zu solidieren (wobei der „mündige Konsument“ das Ziel der sozialarbeiterischen Betreuung ist) und mit Gläubigern zäh verhandelt werden muß, stehen in Bremen 22 Fachkräfte zur Verfügung. Doch selbst diese Käfte sind nur zum Teil vollzeitbeschäftt und längst nicht alle ausschließlich im Bereich Schuldenberatung tätig. Obendrein sitzen 73 Prozent dieser Fachleute auf Schleudersitzen — durch ABM und stundenweise Honorarverträge. Zu diesem Ergebnis kam der „Förderverein Schuldenberatung“ in einer Bestandsaufnahme vom Frühjahr 1992, deren Auswertung er gestern vorstellte.

Seitdem hat sich die Situation noch weiter verschärft: Das Qualifizierungsprojekt der „Solidarischen Hilfe“ ist zum Jahresende ausgelaufen. Dies betrifft neun der 22 genannten Beratungskräfte. 500 Akten, verlieren damit schlagartig ihre jahrelangen Sachbearbeiter.

Der „Förderverein Schuldenberatung“ hat für 1993/94 lediglich vier dieser 22 Stellen „verstetigen“, d.h. die Finanzierung durch Finanz-und Sozialbehörde sichern können. Insgesamt hat der Förderverein, die vom Senat finanzierte Koordinierungsstelle, jedoch für Bremen einen Bedarf von 32,5 Stellen errechnet.

Weil dies durch die öffentliche Hand sicher nicht zu finanzieren ist, schlägt der Förderverein vor, die Banken als „Mitverursacher“ dieser Armut in die Pflicht zu nehmen: Sie könnte, wie in den USA längst üblich, in einen Pool zahlen, woraus unabhängige und ideologiefreie BeraterInnen finanziert werden könnten.

Da überschuldete Arbeitnehmer auch die Betriebe, besonders in den Lohn-und Gehaltsabteilungen, belasten , könnten auch Arbeitgeber die nötige Sozialberatung „einkaufen“, statt ihre verschuldeten Beschäftigten zu den sowieso überlasteten freien Trägern von Schuldenberatungsstellen zu schicken.

Die Wartezeiten in den Bremer Beratungsstellen betrugen zur Zeit der Erhebung des Fördervereins neun Wochen. Mit Zusammenbrechen einiger Beratungsstellen hat sich diese Situation weiter verschärft. ra