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: Das Ei des Alexander

Die Vorhersage bis Sonntag: Stark bewölkt bis bedeckt und zeitweiliger Regen oder Sprühregen. Mäßiger bis frischer Wind aus Südwest bis West. Höchsttemperatur 5 bis 7 Grad. Nachttemperaturen: 2 Grad.

Weitere Aussichten bis Dienstag: Weiterhin stark bewölkt mit gelegentlichem Regen und milden Temperaturen.

Beobachtungen vom 8.1., 13 Uhr: Temperatur 8,1 Grad, Luftdruck 1018,2 hPa, Luftfeuchtigkeit 74 Prozent, Niederschlag: 1,1 mm. Höchsttemperatur 6,5 Grad, Tiefsttemperatur 0,4 Grad.

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Das Ei des Alexander

Endlich! Der Karlsruher Generalbundesanwalt hat sich nach unerträglich langem Zögern in den Berliner Eiertanz eingereiht. Farbe will nun auch er bekennen, seit er erkannt hat: Die Gefahr für den Staat, sie ist gelb. Dottergelb. So hat er höchstpersönlich die Ermittlungen gegen einen der unappetitlichen Berliner Eier-Terroristen in die Hand genommen, die am 8. November vor den elektronischen Augen der Weltkameras mit Lebensmitteln auf die Mäntel der Mächtigen geworfen haben. Warum nur warfen sie nicht vor dem Schloß Bellevue, klagt der Sprecher des Berliner Justizsenats, warum mußte es fürs Fernsehen sein? Um großen internationalen Schaden anzurichten, das ganze deutsche Volk zu diskreditieren! Was ist schon diese Handvoll brauner Pyromanen gegen diese „neuen Gelben“, die noch dazu die Dreistigkeit besitzen, sich selber zu outen! Keine Frage, die Braunen müssen warten. Vollkommen zu Recht, denn wer Eier auf den höchsten Mann im Staate wirft, schmeißt demnächst auch Bomben. Herr von Stahl wird indes nur diejenigen unnachgiebig verfolgen, die Weizsäcker auch wirklich getroffen haben. Was wiederum den sich selbst bezichtigenden Altkommunarden Kunzelmann schwer in die Bredouille bringen wird. Zwar schwört er, „mit großer Begeisterung und tiefer innerer Überzeugung ein märkisches Landei der Güteklasse A mit der linken Wurfhand“ in Richtung Podium geworfen, dessen Landung jedoch nicht gesehen zu haben. In Karlsruhe arbeitet man derweil fieberhaft an den getrockneten Flecken auf Herrn Weizsäckers Mantel. Doch weder die chemische Analyse noch ballistische Erkenntnisse lassen auf eine bestimmte Hühnerschaft schließen. So werden bald Hunderte von unauffälligen Observierern vor den Eierfarmen der Republik herumlungern und alles notieren. Irgendwo müssen sie ja sein, die gelben Nester! Karlsruhe ist wild entschlossen, unter Einsatz des gesamten Apparates die Brut auszuheben. Nur Herr Weizsäcker könnte das Ding noch zum Platzen bringen. Er nämlich müßte einer Übernahme des Falles durch Herrn von Stahl zustimmen. Was der Staatsmann sicherlich tun wird – schließlich sichert er damit Arbeitsplätze, wenn auch nur für Spitzel. Michaela Schießl