Billig, nützlich, nachwachsend

■ Chinagras wogt auf Testgelände in Südoldenburg / Genügsam, billig, vielfach nutzbar

Billig, nützlich, nachwachsend

Chinagras wogt auf Testgelände in Südoldenburg / Genügsam, billig, vielfach nutzbar

Ginge es nach den Wünschen von Heinz zur Jührden und Roland Megnet, dann würden sich bald weite Flächen der norddeutschen Tiefebene in wogende Schilflandschaften verwandeln. Denn der Vorsitzende des in Brake ansässigen Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes (OOWV) und der Schweizer Genetiker, derzeit Professor für angewandte Biologie an der Universität Oldenburg, sind die Initiatoren eines eine Million Mark teuren Projektes zur Anpflanzung des „Miscanthus giganteus“. „Schreiben Sie Chinagras“, rät der Wissenschaftler. Unter dieser Bezeichnung sei das aus den Randgebieten der fernasiatischen Wüste Gobi stammende und bis zu drei Meter hoch ragende Büschelgewächs eher bekannt. Was vor 60 Jahren europäische Botaniker in ihre Ziergärten holten, soll auf einem 23 Hektar großen Versuchsfeld nahe der südoldenburgischen Kreisstadt Cloppenburg einen anderen Zweck erfüllen.

Auf diesem derzeit größten „Miscanthus“-Areal der Welt sprießen seit Juni rund 400.000 dieser exotischen Graspinsel. Nach einer dreijährigen Wachstumsperiode, von winterlichen Ruhezeiten unterbrochen, erreiche das Chinagras seine volle Entwicklung. Und wenn sich im Januar/ Februar die Lebenssäfte der Pflanzen in das Wurzelwerk zurückgezogen hätten, könne das Schilfgefilde jeweils jährlich - und dann mindestens in zehn Folgejahren nacheinander — abgeerntet werden. Dies geschehe maschinell in einem eigens vom Institut für Landwirtschaftstechnik der Universität Kiel entwickelten Verfahren, erzählt Megnet.

Die Ernte werde von einer emsländischen Firma zu speziell holzfesten Hartfaserplatten verarbeitet. Das Rohprodukt sei als Zellulose für die Papierindustrie, als Faser für die Kunstseideherstellung und als CO-2-neutrales Brennmaterial für Heizkraftwerke geeignet, verrät der Universitätsprofessor. Miscanthus-Gras biete sich zudem als Grundlage für die Wasserstoff- und Methanol-Kraftstoffherstellung an. Vor dem Hintergrund und den Gefahren des Treibhauseffektes müßten eigentlich viel mehr Grasfelder wogen.

Den Landwirten werde eine alternative Erwerbsquelle geboten, sagte OOWV-Geschäftsführer Peter Blohm. Das Chinagras sei mit trockenen, sandigen Böden zufrieden, benötige keinen Dünger, sei frostresistent und komme nach dem vierten Lebensjahr gänzlich ohne Herbizide aus. Die umliegende Flora und Fauna, das Trinkwasserreservoir und der bäuerliche Geldbeutel würden somit geschont. Das Wild fände neue Lebensräume. Heinrich Heeren / dpa