Haß durch schlechtes Benehmen?

■ Linie 1: Türkische Kids provozieren beinahe blutigen Krawall

Berlin. Die U-Bahn Linie 1 nach Spandau ist wie jeden Samstag mittag rappelvoll. Normalerweise rückt man dann zusammen. Nicht so an diesem Samstag. Mit weit auseinandergespreizten Beinen lümmeln sich Jugendliche auf den Polstern, auf einer Bank sitzen drei, auf der gegenüberliegenden vier. Sie lachen, schubsen sich, die Unterhaltung wird in türkisch geführt, laut und raumgreifend.

An der Bismarckstraße drängen weitere Menschen in den Zug. Einem etwa 60jährigen Mann reicht es. Er quetscht sich zwischen die Jugendlichen und schiebt dabei die Knie des linken und die Knie des rechten Nachbarn beiseite. „Faß mich nicht an, du Nazi“, schleudert ihm ein Betroffener, höchstens 17 Jahre alt, plötzlich im akzentfreien Deutsch entgegen. Der alte Mann ist wie vom Donner gerührt. „1945 war ich jünger als du und wußte trotzdem, was sich gehört“, antwortet er. „Von Nazis lass' ich mir gar nichts sagen“, provoziert der türkische Berliner erneut. Diese Szene mobilisiert die bis dahin schweigende Mehrheit im Zug. „Aufstehen!“ brüllt einer, ein anderer packt den jugendlichen Provokateur am Kapuzenpulli: „Wiederhole das mit dem Nazi noch mal, ich knall' dir eine rein!“ schreit er. Der tut es: „Du bist auch so ein Nazischwein“, und seine Kumpane pflichten ihm bei. Und schon beginnt das Gerangel, an dem etwa zwanzig Leute beteiligt sind. Die Mehrheit will die Jugendlichen am Sophie-Charlotte-Platz der Bahnaufsicht übergeben. Die wehren sich mit Fäusten, unterliegen aber.

Auf dem Bahnsteig eskaliert die Auseinandersetzung. Einer der Jugendlichen zückt ein Messer. Was mit schlechtem Benehmen und Rücksichtslosigkeit begonnen hat, droht in einem blutigen Krawall zu enden. Türken gegen Deutsche, wird es dann heißen. Die Gefahr sieht auch einer der deutsch-türkischen Jugendlichen. Er rennt auf seinen Kumpan zu, schlägt ihm das Messer aus der Hand und haut ihm die Faust in den Magen. Ein anderer schreit „Aufhören!“ und rennt mit ausgestreckter Hand auf die Deutschen zu. „Entschuldige, soll nicht wieder passieren, der hat Streß zu Haus.“ Immer wieder sagt er das. Und die Situation beruhigt sich. Alle grummeln noch ein bißchen; einer sagt: „Auch so entsteht Ausländerhaß.“ Aber als die nächste Bahn kommt, steigen alle wieder ein. aku