USA geben Entwarnung im Südirak

■ Bagdad: Kein Nachgeben gegenüber den Alliierten / Washington: Raketen wurden abgezogen / Neuer Streit um UNO-Flüge / USA wollen Sicherheitsrat wegen Behinderung der UNO-Teams aktivieren

Bagdad/Washington (AFP/ wps/taz) – Auch nach der Entwarnung im Südirak hält die irakische Führung daran fest, gegenüber dem Ultimatum der Golfkriegs- Alliierten unter Führung der USA nicht nachgegeben zu haben. Die Regierung in Bagdad bestritt gestern, ihre Flugabwehrraketen aus der südirakischen Flugverbotszone abgezogen zu haben. Die entsprechenden US-Erklärungen seien falsch, zitierte Radio Bagdad einen irakischen Regierungssprecher.

Der Sprecher dementierte damit eine Mitteilung der US-Regierung vom Vortag, nach der Bagdad im Konflikt um die Luftabwehrraketen nachgegeben haben soll. „Alle verfügbaren Beweise“ deuteten darauf hin, daß der Irak dem am 6.Januar gestellten Ultimatum zum Abzug der Raketen nachgekommen sei, hatte das Weiße Haus erklärt. Das Ultimatum war in der Nacht zum Samstag abgelaufen. Nach der Entwarnung aus Washington war es zunächst nicht zu den angedrohten Angriffen auf die Raketen und irakische Luftwaffenstützpunkte gekommen. Allerdings soll das Ulimatum weiter in Kraft bleiben: Wenn der Irak neuerlich gegen das Flugverbot im Süden verstößt, wollen die Alliierten ohne Vorwarnung angreifen.

Ungeachtet der regierungsamtlichen Meldungen erklärten Pentagon-Beamte am Wochenende, daß noch nicht alle irakischen Raketen auf ihre ursprünglichen Positionen zurückgebracht worden seien. Sie seien jedoch für den Transport abgebaut worden und daher nicht länger bedrohlich, hieß es. Demgegenüber hieß es in Geheimdienstkreisen, ein Teil der Raketen südlich des 32.Breitengrades sei nicht bewegt worden. Außerdem, so ein Mitarbeiter, der anonym bleiben wollte, seien einige weitere im Südirak stationierte Raketenbatterien während der Aufklärungsflüge am Samstag nicht gefunden worden. Sie seien vermutlich auch nicht zu ihren ursprünglichen Stellungen zurückgebracht worden.

Ein westlicher Diplomat in der jordanischen Hauptstadt Amman, der ebenfalls nachrichtendienstlich tätig ist, meinte gegenüber der Zeitung Newsday im Hinblick auf das Ultimatum: „Es wäre ein Fehler, sich jetzt zurückzulehnen und zu sagen, wir hätten gewonnen. Dies als einen militärischen Sieg für die Alliierten zu bezeichnen wäre eine sehr enge Definition dessen, worum die Konfrontation geht. Saddam Hussein übt schon seit langem Druck aus und versucht es mal hier, mal da. Er will dem Ausland und seinen eigenen Leuten zeigen, daß er noch da ist und mit ihm gerechnet werden muß.“

In der Tat: Damit keinerlei Mißverständnis aufkommt, hat sich der Irak nach Inkrafttreten des Ultimatums neuerlich kompromißlos gegenüber der UNO gezeigt. In einer Erklärung des irakischen Außenministers Mohammed Said el Sahhaf hieß es, die UN-Experten müßten für Reisen in das Land irakische Flugzeuge – die dem Embargo unterliegen – benutzen. Die Regierung in Bagdad verbot den Inspektoren, die die Zerstörung der Massenvernichtungswaffen überwachen, mit UN-Flugzeugen einzureisen. Daraufhin hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit „ernsten Folgen“ gedroht, falls der Irak sich nicht an seine Verpflichtungen halte. Damit ist ein neues Tauziehen bereits vorprogrammiert.

Den Streit um die UN-Flüge, die Behinderung von Hilfslieferungen an die Kurden und einen Überfall entlang der irakisch-kuwaitischen Grenze wollen die USA nun zum Anlaß nehmen, den Themenkomplex noch in diesr Woche vor den UNO-Sicherheitsrat zu bringen. Konsultationen mit den Mitgliedern sollen die Möglichkeiten eines weiteren Drucks auf den Irak – inklusive militärischer Aktionen – ausloten. Wie um dem entgegenzuwirken, hat die irakische Führung gestern angekündigt, sie wäre jetzt zu Friedensgesprächen bereit. Der als Retourkutsche für das Ultimatum vom Zaun gebrochene Streit um die UNO- Flüge spricht jedoch nicht dafür, daß solche Äußerungen ernst zu nehmen sind. b.s.