Behinderte gegen Fahrdienst-Kürzung

■ BSAG und Citybahn noch nicht behindertengerecht

Nachts um halb elf arbeitet im Hauptbahnhof nur noch ein einziger Aufsichtsbeamter. Pech für den Rollstuhlfahrer Horst Frehe, wenn er dann erst von einem Vortrag in Vegesack kommt: Das Service-Team der Bahn ist schon im Feierabend, keiner kann ihm also den Fahrstuhl ins Erdgeschoß aufschließen. Mehrmals in den vergangenen Jahren mußte sich Horst Frehe von Passanten die Treppen hinuntertragen lassen.

Öffentliche Verkehrsmittel, darauf wies gestern die Initiative Bremer Fahrdienst-Forum hin, sind für Behinderte nach wie vor überwiegend unzugänglich. Die Mängelliste der Initiative ist lang: Erst knapp die Hälfte der Busse sind mit einer ausfahrbaren Rampe ausgestattet; längst nicht alle Ziele werden von behindertengerechten Niederflurbussen angefahren, Huchting zum Beispiel nicht; die Taktfolge ist zu groß, oft müssen die Behinderten bis zu einer Stunde gewartet Stunde warten; manchmal fährt statt des fahrplanmäßig angekündigten Niederflurbusses ein herkömmlicher Bus vor.

Bei den Straßenbahnen und City-Bahnen sind noch gar keine Züge behindertengerecht. Frühestens 1997, so Horst Frehe, seien die öffentlichen Verkehrsmittel flächendeckend auch von Behinderten zu nutzen.

Bis auf weiteres bleibt also die Taxifahrt in vielen Fällen die einzige Möglichkeit. Gänzlich unpassend findet deshalb die Initiative Fahrdienst-Forum den Senatsvorschlag, am individuellen Fahrdienst für Behinderte zwei Millionen einzusparen.

Statt der bisher üblichen Fahrdienstgutscheine (zwei pro Person und Woche, Kosten: durchschnittlich 330 Mark im Monat), will der Senat Pauschalen von maximal 250 Mark für 1700 Bremer Behinderte einführen. Bei einer derartigen Regelung wäre die Hilfe nur bei kürzeren Wegen kostendeckend.

Die Sprecherin der Sozialdeputation, die Grüne Karoline Linnert, sieht in der Kürzung einen Konfliktfall für die Koalition. Entschieden wird am 19.1.93. C.H.