: Tankerunglück „kein Zufall“
■ Bremer Umweltverbände fordern härtere Sicherheitsbestimmungen bei Öl-Tankern
Das Tankerunglück vor den Shetland-Inseln ist keine Ausnahme im alltäglichen Schiffsverkehr. Die Umweltorganisationen BUND, WWF und Aktion Nordsee (AKN) erklärten gestern auf einer gemeinsamen Pressekonferenz, daß die Anzahl der Schiffs- Havarien drastisch zugenommen habe und auch in der deutschen Bucht Unfälle zu erwarten seien.
In den letzten zwei Jahren seien die Versicherungsprämien für Schiffe aufgrund der hohen Unfallzahlen um das Doppelte gestiegen. Kapitän Rolf Osterndorff, ein Schiffssicherheit-Sachverständiger: „1991 sind 182 Schiffe mit einer Gesamttonnage von rund 1,7 Millionen Tonnen verloren gegangen.“ Hierbei seien an die Versicherungen Schadensansprüche in Höhe von rund zehn Milliarden Mark gestellt worden, die diese nicht erfüllen konnten. Somit müßten schließlich die Steuerzahler für die Unglücke bezahlen.
Die Gründe für die andauernden Unfälle seien die unmöglichen Bedingungen in der Schiffahrt. So ließen die meisten Reedereien nach Angaben der Umweltverbände veralterte Schiffe ohne eine qualifizierte Besatzung fahren, von der in der Regel noch ein Teil im ersten Hafen aussteige. Es fehlten im Moment weltweit rund dreißigtausend ausgebildete Offiziere und Kapitäne.
Heftige Kritik übten die Organisationen auch an der Politik von Bundesverkehrsminister Günther Krause. „Der geplante Ausbau des Ostseehafens Rostock ist der ökologische Todesstoß für die Region“, warnte Holger Wesemüller vom WWF. Krause verschlechtere sogar die Sicherheitsbedingungen: Die Reederei Hapag-Lloyd hat für die Weser und die Elbe eine teilweise Lotsenbefreiung erhalten. Das Bundesverkehrsministerium plane, die Lotsen teilweise abzubauen und setze auf die Radar-Navigation. Angesichts der einhunderttausend Schiffsbewegungen im Jahr in der deutschen Bucht ist diese Methode sehr umstritten. Kapitän Rolf Osterndorff: „Damit werden Katastrophen vor der Tür vorprogrammiert.“
Um solche Katastrophen zu verhindern fordern die Umweltorgansationen, daß die Größe der Besatzung festgelegt und ihre Ausbildung überpüft wird. Weiterhin müßten schärfere Sicherheitsbestimmungen für die Schiffe erlassen und kontrolliert werden. Es sei nicht zu verantworten, daß „Schiffe unter Billigflagge mit einem einfachen Rumpf und ohne Doppelwand an unseren Küsten fahren“. Im Unterschied zu dem Tanker vor den Shetland-Inseln besitze jedes Passagierschiff einen Ersatzmotor.
Die Forderungen der Umweltverbände richten sich aber nicht allein an die Politik. Der überhöhte Energiebedarf der Welt, allein die Bundesrepublik importiert jährlich mehr als 90 Millionen Tonnen Rohöl, müsse eingeschränkt werden. Die Wirtschaft müsse vom Prinzip der Gewinnmaximierung abrücken, nach dem die Umwelt nichts koste und verheizt werden könne. Es sei bezeichnend und unsinnig, daß in das Naturschutzgebiet vor den Shetland-Inseln ein riesiger Ölteminal gebaut worden sei.
Auch die VerbraucherInnen sind gefragt, erklärte Holger Wesemüller: „Wenn Shell wegen der hohen Sicherheitsbestimmungen die amerikanischen Häfen boykottiert, können wir dann noch Shell tanken?“ Marc Wiese
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen