: Mit SED-Methoden gegen Umweltschutz und Bürgerrecht
■ SPD und Grüne warnen vor neuem Beschleunigungsgesetz
Berlin. Überall werden Dachgeschosse ausgebaut, Altbauwohnungen in teuren Gewerberaum umgewandelt und Grünflächen wie das Gleisdreieck zugebaut – ohne daß Bürger und Bezirke mitentscheiden, geschweige denn mitreden dürfen. Das Recht, in Streitfällen die Gerichte anzurufen, wird – wie beim Verkehrswegebeschleunigungsgesetz von Bundesverkehrsminister Krause geschehen – auf eine Instanz beschränkt. So wird zukünftig Bau- und Stadtplanungspolitik aussehen, wenn am Donnerstag der Bundesrat und dann der Bundestag einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zustimmt.
Die Grünen und die SPD warnten gestern vor dem „Frontalangriff der Bundesregierung auf Umweltschutz und Bürgerbeteiligung“. Die Opposition forderte gestern auf einer Pressekonferenz, die Regierungsfraktion in einer Presseerklärung, daß Berlin im Bundesrat gegen das Investitionserleichterungs- und Wohnbauland- Gesetz stimmt. Nach Informationen der taz ist der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) aber für das umstrittene Gesetz. In der heutigen Sitzung des Senats steht das Thema auf der Tagesordnung.
Hertwig Berger, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grüne, kritisierte an der Vorlage für den Bundesrat, daß mit dem Gesetz das Ziel, den Aufschwung Ost zu befördern und in allen Bundesländern den Wohnungbau zu forcieren, verfehlt werde. Selbst bei CDU-Senatoren gibt es Bedenken in diese Richtung. Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU) sei für eine Modifizierung des Gesetzes, sagte Staatssekretär Wolfgang Branoner (CDU) der taz.
Eine von den Grünen für gestern beantragte Sondersitzung des Umweltausschusses hatte die SPD abgelehnt. Wolfgang Behrendt, umweltpolitischer Sprecher der SPD, begründete dies damit, daß das Investitionsbeschleunigungsgesetz in dem Ausschuß bereits im vergangenen Dezember besprochen worden sei. Auf der heutigen Sentassitzung werden sich die SPD-Senatoren Nagel (Bau) und Meißner (Wirtschaft) gegen das Gesetz aussprechen. Doch selbst wenn Berlin dagegen stimme, werde die Mehrheit im Bundesrat dem Gesetz vermutlich zustimmen, befürchten SPD und Grüne.
Sollte sich der Senat nicht auf eine klare Position einigen können, müßte Berlin sich laut Koalitionsvereinbarung im Bundesrat der Stimme enthalten. Doch schon einmal hielt sich der Regierende Bürgermeister nicht an diese Vereinbarung: Beim Verkehrswegebeschleunigungsgesetz stimmte er zu – seine Stimme war damals die entscheidende. Dirk Wildt
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