Stirbt die Grüne Woche?

■ Kritik am Konzept der Freßmesse/ AMK: Alte Kamellen

Berlin. „Berlin muß weg von der Freßmesse“, kritisierte der Landwirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz, Karl Schneider (SPD), gestern in der Neuen Zeit – und droht: Wenn das Konzept der Grünen Woche nicht überarbeitet werde, kämen die westdeutschen Bundesländer in diesem Jahr zum letzten Mal nach Berlin. Doch so will der Minister, Vorsitzender der Landwirtschaftsministerkonferenz, das nicht gesagt haben. Zumindest sein Sprecher Gerd Kallweit versuchte abzuschwächen: „Die Grüne Woche ist nicht in Gefahr.“

Trotzdem ist Rheinland-Pfalz mit der Messe (22. bis 31. Januar) unzufrieden. Denn regionale Spezialitäten wie etwa Spießbraten seien für Berliner uninteressant, erläuterte Kallweit. Jetzt wolle das Land der Winzer den Weinumsatz ankurbeln und nicht mehr die Leute abfüttern. Rheinland-Pfalz läßt sich das Anpreisen seiner landwirtschaftlichen Produkte auf der diesjährigen Messe ungefähr 400.000 Mark kosten.

Die Ausstellungs-Messe-Kongress-GmbH (AMK) läßt sich die Kritik aus Mainz nicht bieten. Die Grüne Woche habe sich längst von einer Freßmesse wegentwickelt. Der Anteil von 50.000 Fachbesuchern im Jahr 1985 habe sich bis 1992 auf 100.000 verdoppelt, sagte AMK-Sprecher Michael T. Hofer. Das Ausstellungsgelände sei in diesem Jahr um rund ein Achtel auf 100.000 Quadratmeter vergrößert worden – ein Zeichen für den Erfolg der Landwirtschaftsmesse, so der Messesprecher. 1985 mußte die Ausstellung noch mit 30,8 Millionen Mark subventioniert werden, seit 1991 schreibe man schwarze Zahlen.

Der Sprecher der Berliner Wirtschaftsverwaltung, Holger Hübner, bezeichnete Schneiders Kritik als längst bekannt, mit der der Minister „offene Türen einrenne“. Die Bundesländer arbeiteten schon lange an einer konzeptionellen Veränderung, bei der mehr Gewicht auf Fachveranstaltungen und Sonderschauen gelegt werde. Neuigkeit in diesem Jahr: die nur für das Fachpublikum zugängliche „Fruit Logistica“ am 21. und 22. Januar. Dirk Wildt