Winterferien vor der Glotze

■ Senat schenkt Schülern zwei Wochen Freizeit, aber kaum Freizeitangebote/ Für Kinder und Jugendliche kein Geld

Berlin. Urlaub auf der Straße oder vor der Glotze – das droht nach Meinung von Pädagogen vielen der rund 400.000 Berliner Schülerinnen und Schüler, die mit dem Läuten der Schulkingel am 30.Januar in die zweiwöchigen Winterferien entlassen werden. Der Grund: Für eine Ausweitung der Freizeitangebote, für Ferienprogramme oder Gruppenreisen steht in den Bezirken kaum Geld zur Verfügung. Die Senatsverwaltung für Jugend hatte die für Westberliner Schülerinnen und Schüler bislang weitgehend unbekannten Winterferien lediglich zum Anlaß genommen, einige Angebote in den Ferienpaß aufzunehmen.

In der DDR bildeten die Winterferien traditionell den Abschluß des Schulhalbjahres und wurden in Betriebsferienlagern oder auf Freizeiten von Massenorganisationen verbracht. Während die Ostberliner nur im vergangenen Jahr auf die gewohnten Ferien in der kalten Jahreszeit verzichten mußten, bedeuten die neu eingeführten Winterferien für die Gleichaltrigen im Westen eine neue Erfahrung.

Daß die Kinder und Jugendlichen nun „in ein Loch fallen“, kann sich auch Thomas Ziegeler vorstellen, der beim Jugendsenat den Ferienpaß betreut. Elke Bath vom Kreuzberger Nachbarschaftsheim Urbanstraße will wie andere Mitarbeiter von freien Projekten dafür sorgen, daß ihre Klientel von hauptsächlich türkischen Jugendlichen die dazugewonnene Freizeit nicht nur auf der Straße verbringen muß: Das Heim bietet an den freien Tagen nun Übernachtungen und ein Ferienprogramm an. Viele Ostberliner Freizeitprojekte aber können ihr Angebot auch für die Dauer von zwei Wochen nicht ausweiten: Ein Großteil der ABM- Stellen ist zum Jahresende weggefallen, viele Projekte sind bedroht.

„Liebend gerne“, so sagt der stellvertretende Leiter der Abteilung Jugendförderung in Kreuzberg, Hans Parsker, würden alle Bezirke Winterferien-Angebote machen, wenn nur genug Geld zur Verfügung stünde. Verhindert wird dieser Schritt in seinen Augen von der Sparpolitik des Senats, die den Bestand ganzer Einrichtungen bedrohe: „Der Senat“, so klagt Parsker, „beschließt öffentlichkeitswirksam ein 300-Millionen- Programm gegen Gewalt und kürzt zur gleichen Zeit in eben diesem Bereich die Mittel.“

Die Kritik an der Verwaltung von Jugendsenator Thomas Krüger richtet sich nach Meinung von dessen Sprecher Thorsten Schilling an die falsche Adresse: Die Bezirke seien für die Förderung von Ferienfreizeiten zuständig. Kurzfristige Ferienangebote freier Träger, so Schilling, könnten eventuell aus dem „Experimentierfonds“ seiner Verwaltung gefördert werden. Der Fonds umfaßt aber nur 1,5 Millionen Mark. mon