Santa Fu: Kurden-Protest

■ Bücherrazzia als Auslöser / Türkischer Geheimdienst im Spiel? / Hungerstreik am Nachmittag abgebrochen / Arbeitsverweigerungen

als Auslöser / Türkischer Geheimdienst im Spiel? / Hungerstreik am Nachmittag abgebrochen / Arbeitsverweigerungen

Protest kurdischer Gefangener in der Haftanstalt Fuhlsbüttel: 22 kurdische Gefangene traten gestern in den Hungerstreik, 70 Kurden haben überdies aus Protest die Arbeit verweigert. Nach Angaben von Justizbehördensprecher Nikolaus Berger wurde der Hungerstreik am späten Nachmittag freiwillig abgebrochen.

Grund für die Protestaktionen: Bei einer Zellenrazzia sind über 40 Bücher, vornehmlich aus Verlagen, die der Kurdischen Arbeiterpartei PKK nahestehen, beschlagnahmt worden. Die Kurden befürchten, daß der Anstoß zu der Razzia vom türkischen Geheimdienst MIT kam.

Die Razzia ereignete sich bereits am 20. November vergangenen Jahres. Obwohl die Schriften die Zensur unbeanstandet passiert hatten und sich teilweise bereits zwei Jahre in der Haftanstalt befanden, waren sie plötzlich der Sicherheitstruppe ein Dorn im Auge.

Zuerst hatten die Gefangenen keinen ernsthaften Hintergrund vermutet. Doch weil jetzt immer noch 16 Bücher zurückgehalten werden, sind die Kurden stutzig geworden. Denn es handelt sich dabei ausschließlich um Schriften linker Verlage, vornehmlich der PKK.

Die Kurden haben Angst, daß der Knast aus der Razzia resultierende Informationen an das türkische Konsulat weitergegeben hat, damit die Türkei die Kurden nach ihrer Abschiebung politisch verfolgen kann. Denn im Konsulat residiert laut Verfassungsschutz der türkische Geheimdienst MIT. GAL- Referent Peter Mecklenburg zur Beschlagnahmeaktion: „Der Impuls muß von außen gekommen sein. Die Sicherheitsgruppe kommt doch nicht von sich aus auf die Idee, plötzlich mit einer Liste nach türkisch-sprachigen Büchern zu fahnden.“

Daß die Klauen des MIT bis in Hamburger Knäste reichen, zeigt ein Beispiel aus dem Jahre 1990. Damals hatte der Knastdolmetscher Informationen und Daten aus den Gesprächen mit den Gefangenen an die Geheimdienstler am Mittelweg weitergeleitet.

Justizbehördensprecher Nikolaus Berger zeigte für den Hungerstreik kein Verständnis: „Ich kann nicht verstehen, warum nicht der formale Beschwerdeweg eingeschlagen worden ist.“ Berger bestätigt allerdings, daß die Schriften derzeit auf „extremistischen Inhalt“ geprüft werden, bestreitet aber eine Einflußnahme des Konsulats: „Es hat einen internen Hinweis gegeben, daß sich in einer Zelle eine PKK- Bibliothek befindet.“

Kai von Appen