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Hackmann schweigt, und der NDR auch

■ Wg. Polizei-Einsatz bei der Überführung der Möllner Opfer: Hackmanns Auftritt im Innenausschuß für den NDR kein Thema

im Innenausschuß für den NDR kein Thema

Nehmen Hamburgs Regierungssozis Einfluß auf Redaktionen, damit über das Strafverfahren gegen Innensenator Werner Hackmann nicht berichtet wird? Diese Vermutung drängt sich auf, wenn man das Schweigen im Walde bei den Hanseatischen Medien in den vergangenen Tagen verfolgt. Der Koordinator von NDR-Hamburg-Aktuell, Wolfgang Kresse, warf zumindest gestern morgen einen fertigen Beitrag über den Hackmann-Auftritt im Innenausschuß aus dem Programm. Zensur? Kresse: „Quatsch! Eine rein redaktionelle Entscheidung.“ In SPD-Kreisen frohlockte man hingegen gestern darüber, den NDR-Beitrag verhindert zu haben.

Innensenator Werner Hackmann hat den Ernst der Lage erkannt: Wenn nicht die Zeit und das Schweigen die Wunden heilen, muß sich der Präses der Innenbehörde wohl vor dem Kadi verantworten. Grund: Er hat friedliche Demonstranten, die den Ermordeten von Mölln die letzte Ehre erweisen wollten — unter anderem der Rechtsreferendar am Hanseatischen Oberlandesgericht Mülayim Hüseyin —, als gewalttätige PKK/Dev Sol-Sympathisanten bezeichnet und somit für den türkischen Geheimdienst an den Pranger gestellt.

Damit hat er gegen den Paragraphen 241a Strafgesetzbuch verstoßen. Nach dieser Gesetzesvorschrift ist es ein „Verbrechen“, wenn „unwahre Behauptungen“ aufgestellt und somit Menschen politischer Verfolgung in ihrer Heimat oder anderswo ausgesetzt werden. Hüseyin zum Beispiel war nach dem Hackmann-Statement mit Morddrohungen konfrontiert gewesen.

Politische Einflußnahme der Innenbehörde auf Redaktionen ist nicht neu: So versuchte Hackmann vor zwei Jahren, via Morgenpost- Chefredaktion den Volontär Frank Wieding aus der Redaktion zu kippen, weil dieser anläßlich einer Hausbesetzung zusammen mit anderen Reportern einer Polizeiauflage nicht gefolgt war. Er unterstellte Wieding, selbst schon gewalttätig an Demonstrationen teilgenommen zu haben. Die Vorsitzende der deutschen Jounalisten- Union, Sigrid Meißner: „Auch an uns sind Informationen herangetragen worden, daß eine direkte Einflußnahme stattgefunden hat.“

Auch nach einem Bericht des Hamburger Journals über die 16E-Schicht an der Wache Lerchenstraße im Herbst griff Hackmann zum Telefonhörer und wollte über Journal-Chef Manfred Schröter eine Korrektur der Berichterstattung erwirken. Hackmanns Pech: Beim Interview am Tag darauf wurde er vom Redakteur im Studio vorgeführt. Kai von Appen

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