„Keine Lumpensammler des Senats“

■ Untersuchungsausschuß setzt Stadtwerken und Senat letzte Frist

Mit einer allerletzten Frist will der Parlamentarische Untersuchungsausschuß „Stadtwerke“ jetzt bei Senat und Stadtwerken die Herausgabe der letzten gewünschten Akten erzwingen. „Wenn wir uns bis zur nächsten Sitzung des Ausschusses am 26.1. nicht freundlich geeinigt haben, werden wir vor Gericht die Beschlagnahme der Akten beantragen“, sagte der Ausschußvorsitzende Reinhard Barsuhn (SPD) gestern gegenüber der taz. Dieses Vorgehen hat der Untersuchungsausschuß einstimmig beschlossen.

Während die Stadtwerke inzwischen alle relevanten Vorstandsprotokolle und die Kundenakten von Klaus Wedemeier, Claus Grobecker und Hans Koschnick an den Untersuchungsausschuß übergeben haben, gibt es noch Streit um einen Teil der Handakten des Stadtwerke-Vorstandes. „Wir haben am kommenden Mittwoch noch einmal einen Termin. Wenn wir dabei nicht zu einer Einigung kommen, dann beschreiten wir den Klageweg“, so Barsuhn gestern. Der Stadtwerke-Vorstand verweigere rund ein Drittel der gewünschten Unterlagen.

Dem widersprach am Nachmittag allerdings Stadtwerke-Sprecher Berndt. Bisher sei überhaupt noch nicht konkret über die Vorstands-Handakten gesprochen worden. Deshalb gehe er davon aus, daß die „Wünsche des Ausschusses am kommenden Mittwoch geklärt werden.“

Unklar ist auch noch, wie mit den vorhandenen Tonbandaufzeichnungen der letzten vier Stadtwerke-Aufsichtsratssitzungen von Dezember 91, Juni, Oktober und Dezember 92 verfahren werden soll. Die Stadtwerke wollen sie nur herausgeben, wenn alle beteiligten Aufsichtsräte ihre schriftliche Zustimmung dazu erteilt haben. Einen entsprechenden Rundbrief hat der Untersuchungsausschuß gestern abgeschickt und um Antwort bis zum 26.1. gebeten.

Nicht nur das kommunale Energieunternehmen, auch der Senat war dem Untersuchungsausschuß bisher nicht kooperativ genug. Während alle gewünschten Akten aus dem Rathaus inzwischen einmal quer über den Marktplatz in die Bürgerschaft geschafft worden sind, sollen die Ausschußmitglieder die persönlichen Akten der Senatoren, die auch im Stadtwerke-Aufsichtsrat sitzen, in deren jeweiligen Ressorts einsehen. „Es wäre doch wohl gelacht, wenn wir wie ein Lumpensammler durch die Ressorts ziehen müßten“, empörte sich Reinhard Barsuhn gestern darüber. Bleibe der Senat bei dieser Auffassung, werde sich der Ausschuß am 26.1. „über eine Beschlagnahme unterhalten“.

Trotz dieser letzten Streitereien rechnet der Untersuchungsausschuß damit, Ende Januar alle Akten zusammenzuhaben. „Ab Ende Februar werden wir dann in das öffentliche Verfahren mit dem Anhören von Zeugen einsteigen“, hofft Barsuhn. Einen Hinweis, daß dabei mehr über den Spendensumpf zwischen Stadtwerken und SPD oder die Bevorzugung von Politikern beim Strompreis herauskommt, als im vergangenen Jahr in der Öffentlichkeit sowieso schon bekannt geworden war, gibt es bisher nicht. Insbesondere findet sich in den bisher übergebenen Akten kein Hinweis darauf, daß Bürgermeister Wedemeier im vergangenen Sommer nach Öffentlichwerden seines Vorzugstarifs die Unwahrheit gesagt haben könnte. Damals hatte er versichert, bereits im März in einem persönlichen Gespräch mit Stadtwerke-Vorstand Willipinski um die Beendigung dieser Bevorzugung gebeten zu haben. Zu klären hat der Untersuchungsausschuß nun vor allem, warum diese Bürgermeister-Bitte in den Stadtwerke-Akten damals keinen Niederschlag gefunden hat. Ase