Gefahr für Schulversuch

■ Die Entscheidung über ein Regelangebot fällt im Sommer

Berlin. Türkische Kinder, die in der Schule in ihrer Muttersprache lesen und schreiben lernen, sind nachher nicht nur der türkischen Sprache mächtiger. Sie sind auch besser in der Lage, Sachgebiete zusammenhängend zu erfassen. „Ihre Situation im Klassenverband ändert sich grundlegend. Sie sind selbstbewußter, beteiligen sich stärker am Unterricht“, beobachtete Andreas Heintze, der den Modellversuch zur zweisprachigen Erziehung türkischer Kinder als Lehrer betreut. Auch deutsche Kinder profitierten. Im Kooperationsunterricht lernen sie nicht nur spielerisch einige Brocken Türkisch, auch ihr allgemeines Sprachbewußtsein verbessere sich.

Seit 1983 läuft dieser Versuch, an dem zur Zeit 1.400 Kinder an 17 Schulen beteiligt sind. „Das Ziel war nie nur die reine Sprachfähigkeit, sondern wesentlich war der Integrationsaspekt, immerhin sind ein Viertel der Schüler Ausländer“, sagte gestern Sybille Volkholz, bildungspolitische Sprecherin des Bündnis 90/Grüne auf einer Pressekonferenz. Sie befürchtet aber, daß Ende dieses Schuljahrs negativ über Übernahme des Versuchs in das Regelangebot der Schulen entschieden wird: „Ein halbes Jahr vorher macht der Senat die Abordnung zweier Wissenschaftlerinnen, die den Versuch begleitet und koordiniert haben, rückgängig.“ Deren Aufgabe habe aber auch in einer Konzeption für die Übernahme in das Regelangebot bestanden. Der Senat habe den Sprachwissenschaftler Sascha Felix aus Passau mit einem Gutachten über den deutschen Sprachstand eines Teils der türkischen Kinder beauftragt. Der habe bereits vor dem Beginn seiner Untersuchung geäußert, „daß eine türkische Alphabetisierung für das Erlernen der deutschen Orthographie eher hinderlich ist“.

„Wir streben an, diesen Versuch in das Regelangebot zu übernehmen“, sagte Schulsenatssprecherin Sabine Puhtz gestern. Über Form und Ausmaß werde erst entschieden, wenn Gutachten und Bericht der Mitarbeiter vorlägen. cor