Ein „Papiertiger“ zur Frauenförderung

Frauenministerin Merkel legt Entwurf eines Gleichberechtigungsgesetzes vor/ Keine Quotierung und keine Kompetenz für Frauenbeauftragte/ SPD und Grüne kritisieren Gesetz  ■ Aus Bonn Myriam Schönecker

Bonn (taz) – Frauenministerin Angela Merkel hat gestern in Bonn nach monatelangen Diskussionen den Entwurf zu einem Gleichberechtigungsgesetz vorgelegt. Gesetzesziel soll dabei „die angemessene Repräsentanz von Frauen und Männern“ sein, wobei nicht näher definiert wird, was unter „angemessen“ zu verstehen ist. Die Frauenförderung in der öffentlichen Verwaltung soll dem Entwurf zufolge lediglich durch „flexible Zielvorgaben“ unterstützt werden, die bei Nichteinhaltung jedoch nicht sanktioniert werden. Eine quotierte Einstellung und Beförderung von Frauen ist ebenfalls nicht vorgesehen. „Dirigistische Maßnahmen sind für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern nicht tauglich“, erklärte dazu Frauen- und Jugendministerin Merkel.

Dem Referentenentwurf zufolge sollen die Dienststellen Frauenförderpläne erstellen, und zwar unter Mitwirkung der jeweiligen Frauenbeauftragten. Die Förderpläne müssen letztendlich vom Vorgesetzten genehmigt werden. Die Frauenbeauftragte ist von „jeder Dienststelle zu bestellen“, sie wird also nicht von der Belegschaft gewählt und besitzt kein Veto- Recht. Ob Frauenbeauftragte freigestellt werden, entscheiden die Vorgesetzten.

Liegt der Verdacht auf Diskriminierung bei Einstellung und Beförderung vor, sollen klagende Frauen nicht mehr alleine die Beweislast tragen. Statt dessen wird diese Last zwischen Arbeitnehmerin und ArbeitgeberIn verteilt werden. Diese Regelung soll nach den Vorstellungen Merkels im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft gelten.

In den Ressortabstimmungen war die Regelung lange umstritten. Anscheinend sahen Pläne des Frauenministeriums eine völlige Umkehr der Beweislast vor. Dagegen wandte sich im Vorfeld vor allem die FDP. Liegt ein Fall von Diskriminierung vor, sieht der Gesetzesentwurf ein bis höchstens drei Monatsverdienste als Schadensersatz vor. Damit orientiert er sich an einem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichtes. In der Rechtsprechung werden bis zu sechs Monatsgehälter als Entschädigung zugesprochen.

Ebenfalls für öffentlichen Dienst und Privatwirtschaft soll das Gesetz zum Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gelten. Es verpflichtet den Arbeitgeber, sexuelle Übergriffe zu unterbinden und ihnen vorzubeugen. „Selbstverständlich können diese Verpflichtungen immer nur soweit gehen, wie Arbeitgeber und Dienstvorgesetzter rechtlich und tatsächlich zur Pflichterfüllung in diesem Bereich in der Lage sind“, heißt es in dem Gesetzesentwurf.

Mit einer Aufwertung von Hausarbeit und ehrenamtlicher Tätigkeit durch finanzielle Vergünstigungen setzte sich Ministerin Merkel nicht durch. Aufgrund der angespannten Haushaltlage kam dies nicht in den Gesetzesentwurf, bedauerte sie.

Auf harsche Kritik stieß der Entwurf bei SPD und Bündnis90/ Grünen. Er strotze nur so von Soll- und Kannvorschriften und sei völlig unzureichend, erklärte Christina Schenk vom Unabhängigen Frauenverband/Bündnis90/Grüne.

Als „Papiertiger“ bezeichnete die SPD den Gesetzesentwurf. Sie kritisierte, daß der größte Teil der Regelungen nur für den öffentlichen Dienst gelte, nicht aber für die Privatwirtschaft. Die fehlende Quotenregelung, geringe Kompetenzen der Frauenbeauftragten und der fehlende effektive Rechtsschutz bei sexuellen Belästigungen im Gleichberechtigungsgesetz seien nicht geeignet, die Situation von Frauen im Arbeitsleben wirklich zu verbessern, heißt es in einer Pressemitteilung.

Der Gesetzesentwurf wird nun den Ländern und Verbänden vorgelegt, die bis zum 1.März Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Nach Angaben von Frauenministerin Merkel soll im April der Entwurf im Kabinett verabschiedet werden.