„Wir gewinnen, weil wir zusammenhalten“

■ Für die Basketballkids von City Basket Berlin, die in internationaler Besetzung spielen, ist Rassismus kein Thema/ Die Mannschaft hofft, beim heutigen Spiel zu gewinnen

Berlin. Dreißig Beine toben durch die kleine Sporthalle der Charlottenburger Robert-Bosch- Schule. Dazu gehören fünfzehn Körper und, wie verwachsen mit den Händen der Jugendlichen von „City Basket Berlin“, ebenso viele Basketbälle. Die schulsporttypische Geruchsmischung aus Plastikbauteilen und Käsefüßen liegt über der Trainingsstätte der „C-Jugend“ des Vereins, wo sich die Spieler der Jahrgänge 1978 und 1979 auf das entscheidende Spiel vorbereiten. Für Pressearbeit ist keine Zeit, sagt Trainer Marc Zimmer, „am Samstag geht's ums Ganze.“ Gegner sind die Konkurrenten von TuS Neukölln, die eigentlichen Favoriten für die Berliner Meisterschaft.

Es ist eine bunte Mischung, die da vor dem Korb hin- und herrennt, immer wieder die Winkelzüge probiert, die nach Pässen über außen den „Center“ in Wurfposition bringen sollen. Der größte der 13- und 14jährigen Jugendlichen überragt den kleinsten um mindestens vierzig Zentimeter, und nicht nur in der Größe sehen sich viele Mannschaftskameraden kaum ähnlich. Hier wird in internationaler Besetzung gespielt: Vladi ist staatenlos und kommt aus Rußland, einer kommt aus den USA, Goran ist Serbe. Einer der Starspieler fehlt heute beim Training, auch er Weltbürger, ursprünglich aus der Dominikanischen Republik gekommen, in Spanien großgeworden, ist er seit einiger Zeit in Deutschland. „Er sprach kaum deutsch, als er herkam, aber er spielt einfach saugeil Basketball“, sagt Marc Zimmer.

Wer mit Basketball schwarze Spieler assoziiert, wird sofort auf Antony achten. Der Trainer weiß nicht mehr genau, woher der schlaksige, quirlige Jugendliche mit der tiefschwarzen Haut kommt. „Antony, woher kommst'n du noch mal“, brüllt Marc durch die Halle. „Aus'm Busch!“ antwortet Goran, der Serbe, der neben Antony am anderen Hallenende sitzt. „Aus welchem Busch, Antony?“ fragt der Trainer zurück. „Aus Uganda!“ ruft Antony lachend.

Daß solche Sprüche keine Anmache sind, ist unter den Teamkollegen abgemacht, und Goran und Antony können sich ohnehin untereinander einiges leisten, seit der Schwarze den Serben einmal als „Negerschwein“ beschimpfte und die ganze Mannschaft sich vor Lachen ausschüttete.

Den „City“-Kids ist es völlig egal, woher jemand kommt, der gut Basketball spielen kann. Rassismus ist für sie kein Thema, und vielleicht kann das auch gar nicht anders sein in einer Sportart, wo sich alle schnell auf ihr großes Vorbild „Magic“ Johnson einigen können. Spätestens seit den Auftritten des US-„Dream Teams“ bei den Olympischen Spielen in Barcelona dürfte weltweit klargestellt sein, daß in dieser Sportart blonde blauäugige Germanen nicht als Idole taugen. Und ein bißchen Fremdsprachenkenntnis muß ohnehin dabei sein, allein um den Jargon des Basketballs zu beherrschen. Da wird nicht auf Angriff, sondern offence gespielt, und das Peinlichste, erklärt Goran, was einem Spieler passieren kann, ist, „gestufft“ zu werden. Das heißt eigentlich nur, daß es ein Gegner schafft, den zum Wurf angesetzten Ball aus der Hand zu schlagen, „stuffen“ klingt aber doch viel besser.

Vielleicht, vermutet etwas elitär Trainer Marc, der sonst an der TU studiert und als Taxifahrer jobbt, hat es im Basketball auch deshalb bislang keine rassistischen Vorfälle gegeben, weil es ein „Intellektuellensport“ sei. „Nazis sind doch doof, die mußte an der Hauptschule suchen“, sagen auch die Spieler, die alle auf Gymnasien gehen. An Klassenbewußtsein fehlt es den City-Kids nicht.

Aber viel wichtiger ist ihnen das Spiel am heutigen Samstag um 16.15 Uhr in der Sporthalle Münchener Straße am U-Bahnhof Victoria-Luise-Platz, für das sie sich reichlich Fans wünschen. „Wenn wir gegen Neukölln gewinnen, müssen wir nur noch ein Spiel packen, dann sind wir Berliner Meister“, erklärt Andreas, Deutscher und einer der längsten der Mannschaft. „Schreib das: die Leute sollen auf die Nummer 7 achten!“ gibt Antony dem Autor auf den Weg. „Quatsch, auf Nummer 4!“ ruft Vladi. „Blödsinn, wir sind'n Team!“ unterbricht Andreas. Und das, so Goran, ist das Besondere an dieser Mannschaft: „Unser Training ist manchmal 'n bißchen komisch, andere trainieren viel härter. Aber wir gewinnen, weil wir zusammenhalten.“ Bernd Pickert