George Foreman hat Angst vor „Frankenstein“

■ Der 44jährige Ex-Champion hofft nach seinem Sieg gegen den harmlosen Südafrikaner Pierre Coetzer wohl vergeblich auf einen letzten Titelkampf

Reno (dpa) – George Foreman trommelte sich wie Tarzan auf die breite Brust. Sechs Tage nach seinem 44. Geburtstag besiegte der ehemalige Schwergewichts-Boxweltmeister am Samstag abend in Reno den harmlosen Südafrikaner Pierre Coetzer mühelos durch technischen K.o. in der achten Runde und ist damit einem WM- Kampf einen Schritt nähergekommen. „Die Schwergewichts-Szene hat gegenwärtig zwei Champions, und beide haben Angst vor mir, was ist los mit Bowe und Lewis?“, fragte Foreman nach seinem 72. Sieg in 75 Profikämpfen, „die Öffentlichkeit will mich in einem WM-Kampf sehen und ich mich auch, denn 1994 wird es den Boxer George Foreman nicht mehr geben.“ Vor 20 Jahren war er durch einen Sieg über Joe Frazier Champion geworden.

Die Samstags-Show vor 6.000 Zuschauern im Sparks Convention Center war Foremans 28. Kampf seit seinem Comeback 1987 nach zehnjähriger Pause und sein erster Auftritt seit dem schmeichelhaften Punktsieg gegen Alex Stewart im April 1992, bei dem sein Gesicht böse entstellt worden war. Coetzer war wie erwartet der perfekte Gegner. Ein unermüdlicher Kämpfer mit großem Herzen, aber wenig Schlagkraft. Foreman kontrollierte den Fight von der ersten Runde an, wartete auf seine Chance, schickte den hilflosen Coetzer zweimal zu Boden und verprügelte ihn nach Belieben. „Das war lebensgefährlich. Coetzer hatte keine Chance. Ich weiß nicht, warum der Ringrichter den Kampf nicht früher gestoppt hat“, meinte Foreman mitleidig und um fünf Millionen Dollar reicher.

Sekunden nachdem Ringrichter Joe Cortez den benommenen Coetzer und seine blutende Nase durch Abbruch vor weiteren Schlägen geschont hatte, setzte Foreman eine Sonnenbrille auf und appellierte „an alle Senioren dieser Welt“: „Hört gut zu, ihr Senioren. Ich bin euer Mann. Wir werden Ohrringe tragen und die Straßen terrorisieren. Die Jungen haben Angst vor uns.“ Tatsächlich aber hat der Glatzkopf Angst vor seinem vermeintlich nächsten Gegner, dem 24jährigen Tommy Morrison, der ebenfalls in Reno Carl Williams (beide USA) nach einer eindrucksvollen Leistung durch technischen K.o. in der achten Runde bezwungen hatte.

Foreman und Morrison haben einen gültigen Vertrag für ein Duell am 16.April in Las Vegas, aber der Ex-Champion will den Termin nicht einhalten: „Morrison ist zu gefährlich für mich. Er ist wie Frankenstein im Ring, ein Monster. Das wäre nicht gut für einen Mann in meinem Alter. Ich will um den Titel boxen.“ Riddick Bowe, der Champion der Verbände WBA und IBF, und der britische WBC- Weltmeister Lennox Lewis aber könnten gegen Foreman nur verlieren. Ein Sieg der Jungstars wäre normal, eine Niederlage peinlich. Foreman ist zwar ein Kassenfüller und somit für beide Champions finanziell lukrativ, aber ob seiner unberechenbaren Kraft auch gefährlich. „Deshalb wird aus Georges Titelchance wohl auch nichts mehr werden“, prophezeite Foremans Ex-Coach Gil Clancy, „die Zeit zum Abschied ist gekommen.“ Sven Busch