Billigflagge Ost

■ 1.Mai: DSR-Schiffe ausgeflaggt

Rostock/Berlin (dpa) – Fünfzig Millionen Mark Überlebenshilfe hat die Staatsreederei der ehemaligen DDR bereits kassiert. Aber die Deutsche Seereederei (DSR), von der Treuhandanstalt verwaltet, ist damit noch immer nicht recht in Fahrt gekommen. Die 76 Schiffe, die sie noch besitzt, sind veraltet, aber sie laufen unter deutscher Flagge und mit deutschen Seeleuten an Bord aus – die absolute Ausnahme unter deutschen Reedereien, die allesamt einige ihrer Schiffe ausgeflaggt haben.

Nun will auch die Geschäftsführung der DSR nach Westvorbild an den Löhnen ihrer noch immer 3.950 Beschäftigten sparen, Ausgerechnet am 1. Mai sollen auf ihren Frachtern die Flaggen von Billigländern gehißt werden.

Die Treuhand hat bereits zugestimmt. Ihr leuchtet ein, daß man damit „flexibler auf die gestiegenen Lohnkosten reagieren“ könne, sagte der dafür zuständige Treuhanddirektor Horst Matthies am Wochenende. Die ÖTV und DSR-Betriebsräte kündigten in Rostock „massiven Protest“ an. Sie befürchten, daß mit dem Flaggenwechsel weitere 648 Seeleute ihre Arbeit verlieren. Ohnehin sieht das Unternehmenskonzept vor, daß in diesem Jahr 35 Schiffe verkauft und über 1.000 Beschäftigte entlassen werden.

Vor zwei Jahren hatte die Ostdeutsche Reederei noch 13.500 Arbeitsplätze geboten – zu viele. Niemand mochte sich bisher für den Kauf der alten Staatsreederei erwärmen. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Eberhard Wagner weiß von sechs Interessenten, darunter soll sich ein ausländisches Unternehmen befinden. Über vier Kaufangebote will die Treuhand am 25. Januar beraten. nh