Das Geräusch als Nervenprobe

■ Klang-Gestaltung: DesignLaber BHV

Der Rasierapparat surrt, die Kaffeemaschine gurgelt, Türen quietschen. Alltägliche Geräusche überall. Kaum jemand nimmt sie noch bewußt wahr. „60 Prozent der Menschen leiden unter vegetativen Störungen durch akustische Umweltverschmutzung“, sagt der Leiter des „DesignLabors Bremerhaven“, Helmut Diez. Die Dominanz der visuellen Welt verdränge die Wirkung der akustischen Signale ins Unterbewußtsein. Geräusche könnten vielerorts vermieden oder ihr Pegel doch erheblich herabgesetzt werden, meint Diez. „Das Tatü-Tatü von Polizei- und Rettungswagen muß doch nicht so nervenzerreißend sein.“

Klang-Gestaltung heißt ein Studienfeld des 1990 gegründeten Labors, das dem Lärm des Maschinenzeitalters zu Leibe rücken will. Die noch in den Kinderschuhen steckende Forschung reiche von der Suche nach dem richtigen Werkstoff bis zur Produktgestaltung. „Systemberater für Produktgestaltung“ heißt deshalb auch der neue Lehrgang, in dem 20 Arbeitssuchende aus gestaltenden Berufen 18 Monate lang fortgebildet werden. Das vom Europäischen Sozial-Fonds und dem Land Bremen geförderte Projekt sei bisher das „einzige deutsche Design-Labor mit langfristig angelegtem Trainingsprogramm“. „Wir beraten außerdem die Wirtschaft in Designfragen und erstellen Zukunftsstudien“, erläutert Kurskoordinator Dieter Kretschmann.

Die Designer wollen die gesamte materielle Welt gestalten und dadurch eine umweltfreundliche Atmosphäre schaffen. „Wir sehen die Funktionen und den ästhetischen Aspekt“, unterstreicht Diez. So konzentriere sich das Studienfeld „Experimentelles Yacht- Design“ auf den Lebensraum an und unter Deck eines Bootes. Die Devise lautet: zweckmäßig und schön. Mit „bürgerfreundlicher Gestaltung des Behörden- Dschungels“ befaßt sich ein anderes Arbeitsfeld. „Hier wollen wir Barrieren zwischen dem Bürger in und vor einer Behörde abbauen“, sagt Diez. Dazu gehörten ebenso die Gestaltung lesbarer Anträge wie verständliche Informationssysteme und die Symbolik einer bürgernahen Verwaltung. „Man muß ja nicht unbedingt hinter Glas sitzen und durch eine Luke sprechen.“

Hagen Haastert / dpa