taz auf Hund

■ Betr.: taz 9.1.1993

Liebe Rosi Roland, obwohl Du mich — zu meinem großen Kummer — in Deiner Kolumne nicht namentlich genannt hast, muß ich doch gegen mein (fast) sprachloses Entsetzen mit einem Leserbrief ankämpfen. Ja, ich bin traurig und entsetzt darüber, daß intelligente Satire, ehemals ein Markenzeichen der taz, inzwischen so auf den Hund gekommen sind: Dein Witz (oder das, was so aussehen soll) lebt nicht von der Rasanz des Vorsprungs durch Klugheit, sondern dümpelt vor sich hin im Morast eines klebrig-tumben Szene- Konsenses, doppelt gesättigt mit Vorurteilen. Ei, wie erfreut es doch das Herz (oder wo auch immer der Sitz kleinbürgerlichen Neids anzusiedeln ist) des tazlers, wenn er seinen kleinen Freunden im Souterrain mal wieder die Geschichte von denen da oben erzählen kann: wie korrupt, dumm, geld- und machtlüstern diese Herren-Clique aus den oberen Stockwerken ist! Keine Diskriminierung, kein Vorurteil ist gemein oder dumm genug, als daß Du darauf verzichten könntest: schließlich soll es ja eine einfache Geschichte sein, die jeder versteht. Und die „Tante Angestelltenkammer“ (so Bus vor kurzem im selben Blatt) scheint ja, wenn man sie nur richtig herausputzt , für solche Geschichten besonders geeignet zu sein. Statt Einsicht, Witz und Perspektive vermittelt die taz Bremen die gähnende Langeweile der Besserwisser von gestern und vorgestern - und das auch noch am Samstagvormittag. Schade!

Peter Beier, Kulturreferent

der Angestelltenkammer