Wen wird Erich Honecker überleben?

■ Das Solidaritätskomitee für den Ex-Staatsschef informiert: Das Neueste aus Chile

Berlin. Der 58jährige Klaus Feske, seines Zeichens Sprecher des „Solidaritätskomitees für Erich Honecker und alle verfolgten Kommunistinnen und Kommunisten in Deutschland“ und Begleiter Honeckers auf seinem Flug nach Chile, gefällt sich in der Rolle des Honecker-Nachrichten-Überbringers. Als dessen „Freund und Kampfgefährte“ und nicht als dessen „persönlicher Sekretär“ überbringt er, wenige Stunden nach seiner Ankunft am Montag, bei einem Pressegespräch im Weddinger „Linkstreff“ die „Bitte und den Wunsch“ Erich Honeckers für die noch Inhaftierten, daß „dieser Prozeß niedergeschlagen werden muß“.

Nicht allen Journalisten ist Feske dankbar für ihr „tolerantes, kollegiales und kooperatives Verhalten“. Er muß feststellen, daß „es Journalisten gibt, die meinen, mit Falschmeldungen, die zum Himmel stinken, dazu beitragen zu müssen, den Antikommunismus weiter anzuheizen“.

„Sind Sie immer so aggressiv bei den Linken?“

Noch „voller Wut und Empörung“ stellt Feske einige Meldungen der Bild-Zeitung richtig. „Schundblatt“ ruft ein aufgebrachtes Mitglied des Soli-Komitees immer wieder in Richtung des Bild-Reporters, der sich mit Sprüchen wie „Sind Sie immer so aggressiv bei den Linken?“ verteidigt. Umnebelt vom Rauch unzähliger Zigaretten startet Feske seinen Feldzug gegen Bild: Honecker habe nicht 700.000 Mark auf seinem Flug mitgenommen, er, Feske, habe von Arafat keine 500.000 Mark erhalten, und Honecker wohne nicht in dem von Bild abgebildeten Haus, sondern „woanders“. Bei der „weißen Villa im andalusischen Stil“ handele es sich um einen „roten Backsteinbau“. Weiterhin sei unwahr, daß der „Entwurf“ von Honeckers Buch „fertig sei“ und ihm „angeblich Angebote für seine Enthüllungs-Memoiren von zwei Millionen Mark“ vorlägen. Bei „Stabilisierung seines Gesundheitszustandes“ aber, so verrät Feske, ohne tatsächlich viel zu verraten, sei „davon auszugehen, daß sich Honecker zu verschiedenen Dingen noch äußern wird“.

Ob er als Zeuge in dem Prozeß gegen die ehemaligen Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrates zur Verfügung stehen wird, weiß Feske, für den auch „Kohl und Schäuble in den Zeugenstand gehören“, nicht: „Darüber haben wir nicht gesprochen.“ Er gehe davon aus, daß „Honecker alles tun wird, um seinen Genossen zu helfen“. Was er aber sicher weiß, ist, daß „Herr Honecker bei bester Gesundheit den Prozeß hätte durchstehen wollen, um einigen Leuten die Hosen runterzuziehen“.

Feske zündet die nächste Zigarette an, und weil er die „Wut und Empörung“ über die Falschmeldungen „nicht abstreifen will“, ruft er mit erregter Stimme in Richtung des Bild-Reporters, daß er hoffe, daß Honecker „einige Politiker dieses Landes noch überleben wird“. Nach der Freilassung Honeckers will das Komitee in Zukunft seine Arbeit darauf konzentrieren, daß die übrigen Angeklagten „politische Argumentation in der Öffentlichkeit bekommen“ und die „Angehörigen von getöteten Mauerschützen unterstützt werden“.

Feske, der „vier Wochen schlimmster Erfahrungen mit Journalisten“ hinter sich hat, bleibt nach der Reise keine Zeit zum Ausruhen. Seit gestern sitzt er wieder als Kraftfahrer hinterm Lenkrad. Sollte das von „Freunden und Genossen in Deutschland“ für die Flugtickets gesammelte Geld nicht ausreichen, um auch seinen Rückflug zu bezahlen, wird Klaus Feske in die eigene Tasche greifen müssen. Barbara Bollwahn