Studiengebühren vom Tisch

■ Ab heute tagt der Wissenschaftsrat in Berlin, morgen protestieren bundesweit die Studenten

Berlin (taz) – Die vorgeschlagenen 1.000 Mark Semestergebühr sind vom Tisch, ehe sie richtig drauf waren. „Sie können davon ausgehen, daß das mit den Studiengebühren wegfällt“, sagte der Sprecher des Wissenschaftsrates, Wilhelm Krull, gegenüber der taz. Die obersten Hochschulberater der Nation brüten von heute an bis Freitag in Berlin über ihren Thesen zur Hochschulpolitik.

Die Studiengebühren von 1.000 Mark waren als Ergebnis einer Indiskretion den Studierenden rechtzeitig vor Weihnachten beschert worden. „Das ist nicht der richtige Weg“, qualifizierte zuletzt gestern die amtierende Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Steffie Schnoor (CDU), die Studiengbühren ab. Damit würden die „Türen für alle Wohlsituierten geöffnet, lange zu studieren“, sagte die Wissenschaftsministerin von Mecklenburg-Vorpommern. – Im wesentlichen schlägt der Wissenschaftsrat nun noch vor, das Studium in einen berufsqualifizierenden Teil von maximal neun Semestern und die sich anschließende Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses aufzugliedern. Außerdem will der Wissenschaftsrat, daß die mehr praxisorientierten Fachhochschulen ausgebaut werden.

Ähnlich lauten auch die Vorschläge der Kultusministerkonferenz und von Bundesbildungsminister Rainer Ortleb. Wobei sich Bund und Länder noch um die Finanzen streiten. Die Länderfinanzminister wollen, daß der Bund seinen notorisch rückständigen Anteil an den Bildungskosten aufholt.

Unterdessen macht die GEW in einem Gutachten die Rechnung auf, daß rund 50.000 Stellen für wissenschaftliches Personal an den deutschen Hochschulen fehlen. Das geht aus einem Gutachten hervor, das die GEW gestern in Bonn vorstellte. Seit 1975 stagniere die Zahl des Lehrpersonals an Universitäten und Fachhochschulen (mit Ausnahme der Medizin). In der gleichen Zeit hat sich die Zahl der Studierenden auf jetzt 1,83 Millionen verdoppelt und werde weiter steigen.

Morgen wollen in mehreren deutschen Städten Studierende gegen Gebühren und „Studienverschärfungen aller Art“ protestieren. Dabei geht es vor allem um Strafgebühren und Zwangsexmatrikulationen, die künftig den Studierenden bei Überschreitung der Regelstudienzeiten drohen. Demos sind unter anderem angekündigt in München (16Uhr, Odeonsplatz), Berlin (13Uhr, Breitscheidplatz) und Darmstadt (15Uhr, Luisenplatz). cif