Urzelle der Einbauküche

■ "Modernisierung des Alltäglichen" - eine 20er-Jahre-Ausstellung im Fockemuseum

Urzelle der Einbauküche

„Modernisierung des Alltäglichen“ — eine 20er-Jahre-Ausstellung im Fockemuseum

„Einfache Sachen für einfache Leute machen“, das war Ferdinand Kramers(1898-1985) erklärtes Ziel, als er in den 20er Jahren als Produktgestalter in Frankfurt standartisierte Massenmöbel entwarf, die als Vorläufer der beliebten Ikea-Möbel gelten können. Unter dem Titel „Modernisierung des Alltags“ hat das Fockemuseum, zusammen mit dem Fachbereich Kulturwissenschaften der Bremer Uni, eine Ausstellung eingerichtet, die überraschend zeitgemäße Stühle, Schränke, Lampen, Öfen von Kramer auf dem Grundriß einer 65 Quadratmeter großen Wohnung zeigt.

Im Rahmen eines Wohnungsbauprojektes zur Behebung der Wohnungsnot nach dem 1. Weltkrieg war Kramer beauftragt worden, für praktische aber kleine Neubauwohnungen passende Inneneinrichtungen zu entwickeln. Erstmalig wurde mit genormten Bauteilen für Sozialwohnungen gearbeitet, erstmalig gab es Möbel, die in Zehntausenderauflagen hergestellt und von den Mietern aus Katalogen bestellt werden konnten. Diese Möbel waren solide und zweckmäßig, aber zugleich von einer so bauhaus-ästhetischen Kargheit, daß die damaligen kleinen Angestellten und Arbeitern oft nur deshalb zugriffen, weil es in solcher Qualität nichts Billigeres gab.

Die Frankfurter Neubauwohnungen - heute übrigens hoch begehrt — zogen Architekten aus aller Welt an. Eine Sensation waren darin die sogenannten Frankfurter Küchen. Zehntausendmal ist diese „Urzelle der Einbauküche“ (Museumsdirektor Christiansen) in den Sozialwohnungen installiert worden. Die Ausstellung hat eine davon zur Begehung aufgebaut. Das ist nun ein seltsames Vergnügen.

Die Küche, von der Architektin Grete Schütte-Lihotzky 1926 entworfen, orientierte sich am Pragmatismus der Küchen in Mitropa- Speisewagen. Einen Kühlschrank gab's noch nicht, dafür die Warmhalte-„Kochkiste“ neben dem Herd, in der auch gleich noch drei Schubladen untergebracht sind. Das Bügelbrett klemmt an der Wand, die Zutatenkommode enthält 18 fertig beschriftete „Reis, Kaffee, Graupen“-Dosierschaufeln, aus dem Spülbrett kann das Wasser ordentlich ablaufen, und unter der Arbeitsplatte gibt es eine herausziehbare Abfallschublade: Eine Küchenwerkstatt, die Hausarbeit der Frau zugleich anerkennt und so rationalisiert, daß außer einem Klapphocker keine Sitzgelegenheit zu finden ist.

Die sachliche Kargheit der Ausstellung ist den Exponaten angemessen. Außer bei den Informationstafeln, die einige Vorkenntnisse voraussetzen.

Cornelia Kurth