Kein zweiter "Bellheim"

■ Niedersachsens Kulturministerin über die Filmförderung für den ZDF-Vierteiler

Am 4. Januar 1993 berichtete die taz über die Filmförderung der rot- grünen Regierung in Niedersachsen für den jüngst ausgestrahlten ZDF- Vierteiler „Der große Bellheim“, bei der es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein sollte. Entgegen unserer Darstellung war die Förderung in Höhe von einer Million Mark, die bereits von der CDU-Regierung Albrecht beschlossen worden war, formell in Ordnung – und wohl auch nicht mit der Bedingung eines Auftritts des Ministerpräsidenten in dem Film verbunden, wie auch niedersächsische Zeitungen berichtet hatten (siehe auch LeserInnenbrief-Seite von heute). Die „wirtschaftliche Filmförderung“ für den „Bellheim“ war dennoch „eine umstrittene Geschichte“, wie der Vorsitzende der niedersächsischen Landesfilmkommission, Wolfgang Scheel, gegenüber der taz einräumte: Eine „additive“ Förderung für die Produktion einer Fernsehanstalt, die sich durch Gebühren finanziere, sei zumindest fragwürdig. Die taz sprach mit der niedersächsischen Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Helga Schuchardt (parteilos), über den „Großen Bellheim“ und die Filmförderung.

taz: Frau Schuchardt, ist Filmförderung für Fernsehproduktionen wie den „Bellheim“, die niemals auf einer Kinoleinwand zu sehen sein werden, in Niedersachsen üblich?

Schuchardt: Das Außergewöhnliche beim „Bellheim“ ist, daß er als Ziel ausschließlich ein Fernsehfilm war. Zwar ist es heutzutage so, daß praktisch jeder Film von Fernsehanstalten mitfinanziert wird – doch das sind dann aber Filme, die zunächst im Kino erscheinen. Insofern war der „Bellheim“ eine Besonderheit. Wenn ich mich in die Denke unserer Vorgänger-Regierung versetze, dann herrschte dort lange die Vorstellung vor, daß Hannover eine Medienhauptstadt werden könnte. Das konnte nicht funktionieren, das weiß jeder. So waren unsere Vorgänger daran interessiert, große Produktionen nach Niedersachsen zu holen – auch damit in Niedersachsen Objekte und Landschaften gefilmt werden.

Nun war der „Bellheim“ aber gar kein optimaler Werbefilm für Hannover, der spielte doch auch in Hongkong und sonstwo.

Weite Teile des „Bellheim“ sind tatsächlich hier gedreht worden. Das hat sich gerechnet, weil ein erheblicher Teil der Produktionskosten in Niedersachsen ausgegeben wurde.

Die Filmförderung der CDU- Regierung war aufgesplittet in eine „kulturelle“ und in eine „wirtschaftliche“, angesiedelt bei den jeweiligen Ministerien. Wie ist das heute organisiert?

Die wirtschaftliche Filmförderung gibt es nicht mehr. Es gibt jetzt die Konzentration beim Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Unser Augenmerk liegt nun auf dem Kinofilm, denn es darf ja wohl nicht sein, daß unsere nicht so umfangreichen Mittel sozusagen zu einer indirekten Subventionierung von Rundfunkanstalten werden. Wir haben ganz andere Prioritäten gesetzt. Das Wirtschaftsministerium hatte ja ursprünglich sehr große Mittel zur Verfügung, mit steigender Tendenz in der mittelfristigen Planung: von sechs auf acht auf zwölf Millionen – man wollte eben Großproduktionen hierher ziehen. Wir legen jetzt den Schwerpunkt auf die Pflege der Kino-Öffentlichkeit im Flächenland Niedersachsen – damit die geförderten Filme auch mal von den Augen der Zuschauer erblickt werden. Schwerpunktmäßig geht es uns um die Pflege und Absicherung der Strukturen, die trotz aller Widrigkeiten entstanden sind: Filmfestivals, Medienwerkstätten, Medienbüros. Wir können gar nicht konkurrenzfähig sein zu den großen Medienhauptstädten Hamburg, München und Berlin.

Die Förderung einer zweiten Großproduktion wie dem „Bellheim“ ist nicht denkbar?

So ist es.

Wie groß ist Ihr Förderungsetat heute?

Als wir die Regierung übernahmen, waren im kulturellen Bereich 500.000 Mark zu vergeben, beim Wirtschaftsministerium sechs Millionen. Wir werden im Jahr 1993 4,5 Millionen Mark ausgeben. Interview: Hans-Hermann Kotte