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■ Die „Republikaner“ klagen in KarlsruheZu Recht

Die „Republikaner“ klagen gegen die von Bundesinnenminister Rudolf Seiters am 15. Dezember 1992 verfügte Anweisung, die rechtsradikale Truppe mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu durchleuchten. Sie klagen zu Recht. Verfassungsschutz kann die Mittel einer politischen Auseinandersetzung nicht ersetzen. Gerade am Beispiel der Schönhuber-Truppe zeigt sich, daß der Einsatz von V-Leuten und das Abhören von Telefonaten politischen Opportunitäten unterworfen sind. Blicken wir einige Jahre zurück, dann war es der Freistaat Bayern, der am vehementesten die Observierung der „Republikaner“ forderte. Wenig später, als nicht mehr ausgeschlossen werden konnte, daß die CSU Schönhubers Gefolgschaft auf kommunaler Ebene zur Absicherung ihrer Mehrheiten brauchen könnte, wandelte sich die Haltung der Christsozialen. Und selbst die Bundesbehörde der Schlapphüte hatte sich Anfang vergangenen Jahres dazu durchgerungen, die nachrichtendienstliche Überwachung auf den „militanten“ Bereich des Rechtsextremismus zu beschränken.

Der Verfassungsschutz bezieht seine Erkenntnisse zu über 80 Prozent aus der Auswertung sogenannten „offenen Materials“. Der Rest geht überwiegend auf das Konto von V-Leuten. Daß deren Einsatz insbesondere im Rechtsspektrum außerordentlich problematisch ist, zeigen verschiedene Beispiele in den vergangenen Jahren: Die eingesetzten V-Leute berichteten nicht nur – sie waren ebenso aktiv bei der Vorbereitung von Straftaten. Die offenen Informationen stehen auch Universitäten, Jugendeinrichtungen und diversen Instituten zur Verfügung. Deren Auswertungen sind in aller Regel professioneller und weniger interessengeleitet.

Seit Mölln ist der Ruf nach einem harten Vorgehen des Staates gegen den Rechtsextremismus laut geworden. Nicht nur Gesetzesverschärfungen werden gefordert – auf organisatorischer Ebene wurden die arbeitslos gewordenen Verfassungsschützer, die früher auf die DKP und sonstige orthodoxe kommunistische Gruppen angesetzt waren, in die Rechtsextremismus- Abteilungen verfrachtet. Nutzlos, wie sich herausstellt: sie wurden bisher mit der völlig andersartigen Organisationsstruktur der Rechten nicht fertig. Wie die Forderung nach Gesetzesverschärfungen haben diese Aktionen in erster Linie Alibicharakter. Getan werden mußte ja etwas, wo die Anwendung der vorhandenen, völlig ausreichenden Instrumentarien zur Bekämpfung des Rechtsextremismus versäumt wurde. Die Forderung nach einer Verschärfung, und dazu gehört auch die Überwachung der „Republikaner“, dient also nicht nur dem Ausbau des Überwachungsapparates, sie soll vor allem über die eigenen Versäumnisse hinwegtäuschen. Wolfgang Gast

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