Israelis dürfen wieder mit PLO reden

■ Gesetz zur Kontaktsperre nach sieben Jahren aufgehoben/ PLO begrüßt den Beschluß und kritisiert Deportationen

Tel Aviv (taz) – Nach langen Debatten hat die Knesset am Dienstag die Abschaffung des Gesetzes der „nationalen Einheitsregierung“ (vor allem: Likud und Arbeitspartei) aus dem Jahr 1986 beschlossen, das Kontakte von Israeli mit PLO-Vertretern zu einer strafbaren Handlung machte.

Nicht nur die rechte Opposition, sondern auch einige Abgeordnete der Arbeitspartei hatten sich heftig gewehrt gegen die bereits vor einiger Zeit vom Justizminister David Libai eingebrachte und jetzt von einer Mehrheit im parlamentarischen Rechts-Ausschuß gebilligte Novelle.

Schließlich stimmten jedoch 39 (der 120) Knessetmitglieder für die Aufhebung des Verbots und 20 Abgeordnete dagegen.

Sofort nach der dritten und entscheidenden Lesung erklärte Friedensaktivist Abie Nathan, der fast ein ganzes Jahr im Gefängnis verbracht hat, nachdem er aufgrund des (jetzt abgeschafften) Gesetzes wegen öffentlicher Zusammenkünfte mit Jassir Arafat und anderen PLO-Führern verurteilt worden war, daß er noch am Mittwoch nach Tunis zu fliegen gedenkt. Er will der erste Israeli sein, der Arafat die freudige Nachricht von der Abschaffung des Kontaktverbots überbringt – „und davon, daß man jetzt zusammen über Frieden reden darf und muß“. Hätte es das Kontaktverbot nicht gegeben, wären wir heute bereits auf dem Weg zum Frieden, und Hamas wäre gar nicht entstanden, meinte Nathan.

Justizminister David Libai (Arbeitspartei) betonte jedoch in einer Rede, daß sich trotz der Aufhebung des PLO-Kontaktverbots an der Regierungspolitik nichts ändern wird.

Die Regierung stellt sich weiterhin gegen politische Verhandlungen mit der PLO und „Terrororganisationen“. Staatsvertreter und -bedienstete dürfen immer noch keine Kontakte irgendwelcher Art mit der PLO oder „ähnlichen Organisationen“ aufnehmen, betonte der Minister.

Es ist kein Geheimnis, daß Ministerpräsident Jitzak Rabin kein Freund der Aufhebung des Kontaktverbots war (und ist) und sich lange für den Aufschub der Novelle eingesetzt hat, die Justizminister Libai bereits kurz nach der Regierungsbildung im Sommer vor die Knesset bringen wollte. Rabin hatte wohl richtig vorausgesehen, daß allein schon die jetzige Entscheidung der ausdrücklichen Abschaffung des Verbots notwendigerweise den Anfang einer wahrscheinlich entscheidenden Wendung in den Verhandlungen mit den Palästinensern bedeutet.

Die PLO, mit der man zwar auch bisher wenigstens indirekt und eher „blinde Kuh“ spielend sowieso im politischen Gespräch war, wird in Bälde zum offiziellen Verhandlungspartner, den auch Washington demnächst als solchen anerkennen wird. Damit wird eine neue Realität geschaffen, die eine notwendige Vorbedingung dafür ist, daß der Friedensprozeß tatsächlich vorangebracht werden kann.

Wie dpa meldete, bezeichnete Arafat-Berater Bassam Abu Scharif die „Geste“ als „Korrektur eines Fehlers des früheren isrealischen Ministerpräsidenten Schamir“.

Auch der Sprecher der PLO in Bonn, Abdallah Frangi, begrüßte in einem Gespräch mit dpa am Mittwoch die Entscheidung des israelischen Parlaments. Diese ermögliche „einen direkten Dialog und bietet die Chance, daß wir gemeinsam die Zukunft von Israelis und Palästinensern gestalten können – unabhängig von Aufpassern wie den USA und der EG.“

Allerdings wies der palästinensische Vertreter darauf hin, daß ohne eine Lösung des Problems der über 400 deportierten Palästinenser „der jetzige Beschluß keinen großen Sinn“ mache. Außerdem äußerte Frangi die Hoffnung, daß durch den Knesset-Beschluß auch die Bonner Regierung ermutigt werden könnte, endlich offene und direkte Verhandlungen mit der PLO einzuleiten.

Bereits zuvor hatten die Palästinenser allerdings erklärt, sie würden erst dann wieder zu Gesprächen kommen, wenn die Deportationen rückgängig gemacht worden sind. Die Verhandlungen in Washington sind zur Zeit ausgesetzt. Amos Wollin