Beschuldigter Richter schlägt zurück

■ Verlag eines Knastbuches soll zahlen/ Richter sexueller Nötigung bezichtigt

Düsseldorf (taz) – Der juristische Kampf um die von der türkischen Autorin Sara Gül Turan unter dem Titel „Freiwild“ verfaßten Knasterinnerungen geht in dieser Woche weiter. Der darin schwer belastete Frankfurter Richter Klaus T. wirft dem Düsseldorfer Zebulon Verlag, dem Herausgeber des Buches, vor, ein Verbotsurteil des Kölner Landgerichts mißachtet zu haben. Das Kölner Gericht hatte am 16.12. letzten Jahres eine einstweilige Verfügung vom 6.11. 1992 bestätigt und die Weiterverbreitung einer vierseitigen Passage über den Frankfurter Richter verboten. Ein Verstoß dagegen kann nach dem Urteil mit einem Ordnungsgeld von bis zu 500.000 Mark geahndet werden. Inzwischen beantragte der Rechtsanwalt des Richters die Festsetzung eines Ordungsgeldes, weil der Verlag in „mindestens drei Fällen“ gegen die einstweilige Verfügung verstoßen und das Buch „ohne jegliche Schwärzung“ ausgeliefert habe. Anwalt Seibert wurde offenbar im Auftrag des Frankfurter Richters selbst aktiv. Er habe am 27.11. 1992 ein Exemplar bestellt und nach etwa zehn Tagen erhalten. Aus dem zeitlichen Abstand sei zu folgern, daß das Buch erst noch vom Verlag angefordert worden sei. Zebulan-Verlagsleiter Frank Berger weist diesen Vorwurf zurück. „Kein einziges Buch“ sei vom Verlag aus in den Handel gekommen. Eine Darstellung, die von der Geschäftsleitung der für den Vertrieb des Buches zuständigen Kieler Verlagsauslieferungsfirma (KVA) per eidesstattlicher Versicherung gestützt wird. Über den Antrag wird das Kölner Gericht voraussichtlich am Freitag entscheiden.

In der verbotenen Passage wirft die Autorin, die 18 Monate lang im Frauengefängnis Frankfurt-Preungesheim in U-Haft saß, dem Richter sexuelle Nötigung vor. Während einer Weihnachtsfeier im Knast habe der Mann sie angesprochen und Hilfe angeboten. Der für sie zuständige Richter sei „ein guter Freund“ von ihm. Um die Akten einzusehen, seien sie daraufhin zusammen in ihre Zelle gegangen. „Spätestens in drei bis vier Tagen werden Sie frei sein“, soll K. nach der Lektüre versprochen haben. Sie müsse ihm aber auch „einen Gefallen“ tun und ihn wenigstens mit der Hand „befriedigen“. Dieser Nötigung habe sie sich aus Sorge um ihre Freiheit schließlich gebeugt.

In einer eidesstattlichen Versicherung weist Richter K. diese Behauptungen als „frei erfunden“ zurück. Es sei allerdings „üblich“ gewesen, daß sich Richter während der Weihnachtsfeier mit Gefangenen, „die eine nähere Auskunft haben wollten, zu einem Flurende oder auf deren Zelle zurückzogen... Auch ich handhabte das in dieser Weise.“ Ein Treffen mit Frau Turan könne er zwar nicht ausschließen, aber einen „bleibenden Eindruck hat jedenfalls bei mir die mögliche Begegnung mit ihr nicht hinterlassen“.

Inzwischen gibt es mindestens zwei weitere Zeuginnen, denen „Begegnungen“ mit dem Richter einschlägig erinnerlich sind. In Insiderkreisen, so eine ehemalige Sozialarbeiterin, sei der Richter für seine Anmache bekannt gewesen. Walter Jakob