„Sie waren Mittäter“

■ Nebenkläger fordern lebenslange Freiheitsstrafe für Erich Mielke

Berlin (taz) – Für den Vertreter der Nebenklage, Jürgen Lischewski, steht fest, daß Erich Mielke einer der Mörder der Polizisten Paul Anlauf und Franz Lenk war, die am 9. August 1931 auf dem Bülow- Platz erschossen wurden. „Erich Mielke, Sie waren der Mittäter, und Sie wissen das auch“, sagte Lischewski in seinem Plädoyer direkt zum Angeklagten.

Die Beweisaufnahme der vergangenen Monate habe zweifelsfrei ergeben, daß Erich Mielke zusammen mit Erich Ziemer die Polizisten erschoß. Wie bereits die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer am vergangenen Freitag brachte er noch einmal die Niederschrift einer richterlichen Vernehmung aus dem Jahre 1933 in Erinnerung, in der die Aussagen des ehemaligen Kommunisten und späteren SA-Überläufers Johannes Broll festgehalten sind. Dieser hatte ausgesagt, daß er Mielke und Ziemer, unmittelbar nachdem die Schüsse gefallen waren, mit Waffen gesehen habe.

Ausdrücklich bedankte er sich bei dem Historiker Götz Aly, der in der taz den in einem sowjetischen Archiv entdeckten Lebenslauf von Erich Ziemer veröffentlicht hatte, in dem es heißt: „Aufgrund meiner Teilnahme an der Bülowplatzsache wurde ich vom ZK der KPD in die Sowjetunion geschickt.“

Unerwähnt ließ der Nebenkläger allerdings, daß Aly in seiner Berichterstattung sämtliche Urkunden aus dem Jahr 1933 für nichtverwertbar erachtet hatte, weil sie ausnahmlos unter „Mithilfe“ der Verhörmethoden der SS zustande gekommen seien – so auch die Aussagen Brolls.

Die gestrige Sitzung endete mit einer Rede der Nebenklägerin Dora Zimmermann, Tochter des erschossenen Paul Anlaufs. „Mein Vater ist in Ausübung seines Berufes erschossen worden. Er konnte sich nicht verteidigen, ein Recht, was jedem Menschen zusteht.“

Am Montag werden Mielkes Verteidiger plädieren. ja