Mit Glaubenssätzen und Lebensweisheiten aus der Krise

■ Neurolinguistisches Programmieren: Die Crash-Therapie hilft Menschen in Krisensituationen angeblich in nur zehn Stunden aus dem Dilemma

: Die Crash-Therapie hilft Menschen in Krisensituationen angeblich in nur zehn Stunden aus dem Dilemma

Auf dem Psychomarkt verzeichnen Krisen-Interventions-Institute seit ein paar Jahren hohe Zuwachsraten. Besonders beliebt sind dabei natürlich therapeutische Angebote, die schnell und sicher die Funkti-

1onstüchtigkeit des verstörten Menschen wiederherstellen.

Als eine der schnellsten Therapien gilt das Neurolinguistische Programmieren, kurz NLP genannt. Charakterisieren läßt sich das Ver-

1fahren als eine Zusammensetzung von fast allen klassischen Methoden. Muß man bei einer Psychoanalyse mit etwa fünf bis sieben Jahren Behandlung rechnen und bei einer Gesprächstherapie mit einer zwei-

1jährigen Dauer, ist NLP dagegen so konzipiert, daß man mit maximal zehn Sitzungen auskommt, meist sollen sogar drei bis vier genug sein. Das schont natürlich auch den Geldbeutel. Die Therapiekosten liegen bei NLP für eine Sitzung zwischen 120 und 180 Mark.

Erfunden wurde das Verfahren Anfang der siebziger Jahre in den USA. John Grindler, Professor für Linguistik, und der Mathematik- Student Richard Bandler versuchten gemeinsam, eine abstraktere Ebene für menschliches Fühlen und Verhalten zu entdecken. Nachdem sie die klassischen und renommierten therapeutischen Ansätze auf Gemeinsamkeiten abgeklopft hatten, fand Grindler sich gleichende Sprachmuster, Bandler erkannte systematische Verflechtungen zwischen den agierenden Personen.

Als grundlegende „Glaubenssätze“, im übrigen ein NLP-typischer Begriff, gelten schon hinlänglich bekannte Weisheiten: Sprache wird subjektiv verwendet; Geist und Körper sind Teile des gleichen Systems; aus Fehlern kann man lernen. Neuer wirkt dagegen die Vermutung, daß jedeR über alle Fähigkeiten verfügt, die man zum Leben braucht, zu manchen jedoch in kritischen Situationen der Zugang verwehrt bleibt. NLP-TherapeutInnen versuchen dann, den Betreffenden zu helfen, diese Fähigkeiten wiederzufinden.

Neben rationalen Gesprächs- Strategien werden oft imaginative Verfahren angewendet. Seltener werden Rollenspiele in der Therapie eingesetzt. Elemente der Körpertherapie fehlen ganz, obwohl auf körperliche Reaktionen, besonders solche der Augen, geachtet wird. Wohin jemand blickt, soll nämlich Auskunft über den gerade vorherrschenden Gemütszustand geben: Blickt jemand zum Beispiel nach rechts unten, am Gesprächspartner vorbei, so soll er sich im emotionalen Denkbereich befinden; und blickt der Klient nach links oben, so soll im Gehirn gerade eine visuelle Analyse von Erinnerungen stattfinden.

Empfehlen läßt sich diese Art der Therapie auf keinen Fall bei schweren psychischen Störungen wie Schizophrenie oder Depressionen. Bei leichteren Problemen kann sie jedoch — je nach Übereinstimmungsgrad zwischen Therapeut und Klient — hilfreich sein. Leute, die zum Beispiel der Meinung sind, niemand im Betrieb würde sie mögen, werden vielleicht nach einer erfolgreichen NLP-Therapie in der Lage sein, nicht nur ihr negatives Gefühl zu differenzieren, sondern auch durch geeignete Maßnahmen Abhilfe zu schaffen. Charly-„niemand- liebt-mich“-Brown jedenfalls hätte durch NLP eine gute Chance zu freudvollerem Leben. Greta Eck

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