Holen wir uns die Stadien zurück-betr.: "Lust und Energie statt Rassismus", taz vom 4.1.93

betr.: „,Lust und Energie‘ statt Rassismus“, taz vom 4.1.93

[...] Zuerst will ich betonen, daß die A.F.F.I. eine wichtige Gruppierung ist und der Fußball-Fan-Laden „Anstoß“ eine wichtige Adresse für alle Fußballfans, die nicht mehr bereit sind, die Stadien den Nazis als Rekrutierungsfeld zu überlassen. Daß beim 1.FC Union zur Zeit keine Nazis mehr rumlaufen und es nur noch selten zu dummen Sprüchen kommt, ist zum großen Teil ein Verdienst der A.F.F.I. Einen derartigen Erfolg – zumal in nur einjähriger Arbeit erreicht – kann das Senats-Fanprojekt nicht vorweisen. [...]

1.Bei dem Interview war kein Türkiyemspor-Fan anwesend. Die Interviewten sind alle Fans von anderen Vereinen, unterstützen aber Türkiyem bei brisanten Spielen (zum Beispiel in Cottbus).

2.Bei Türkiyem hat es nie einen Versuch gegeben, ein Transparent „Hände weg von Kurdistan“ aufzuhängen. Die Geschichte von einem Verbot ist daher frei erfunden. Erschwerend kommt noch hinzu, daß diese Lüge im Zusammenhang mit (oder als Entschuldigung für?) deutschem Nationalismus bei Hooligans verbreitet wurde. Im Gegenteil: Es gibt von offizieller Seite Türkiyems seit längerem erfolgreiche Bestrebungen, die Fans davon abzuhalten, türkische Nationalflaggen ins Stadion oder zu Auswärtsfahrten mitzubringen.

3.Die Abneigung gegenüber Hertha BSC kann ich so nicht mittragen. Wenn es bei Hertha Menschen gibt, die antifaschistisch/antirassistisch arbeiten wollen, ist die A.F.F.I. für sie offen. Eine Vorverurteilung aller Hertha-Fans ist politisch dumm und entspricht auch nicht unserem Anspruch, Ansprechpartner für alle Fußballfans zu sein.

4.Daß einige linke Gruppen oder Personen verächtlich auf Fußballfans reagieren, ist richtig. Das Resultat dieser Haltung ist, daß die Nazis in den Stadien bisher einen Schonraum hatten. Antifa-Arbeit machte vor den Stadiontoren halt. Dieses wollen wir ändern, damit die Parole „Kein Fußbreit den Faschisten“ endlich auch in den Stadien durchgesetzt wird.

Wir wollen deutlich machen, daß Fußball Kultur von unten ist, wie das „Tacheles“ der „Mehringhof“ oder „Slime“. Mit dieser Einstellung können und werden wir die Nazis aus den Stadien vertreiben und eine Fan-Kultur aufbauen, die den Fußballsport nicht mehr so ohne weiteres braunen Rattenfängern, undurchsichtigen Geschäftemachern und Abzockern überläßt. Ich möchte alle Fußballfans aufrufen, uns dabei zu unterstützen. Holen wir uns die Stadien zurück! Günter Hartmann