Plante die Mafia Attentat in Berlin?

■ Nach Informationen von „Repubblica“ sollte auf den Anti-Mafia-Kämpfer Orlando ein Anschlag verübt werden

Berlin. Ist Italiens gefährdetster Mann, Leoluca Orlando, nur knapp einem Attentat entgangen, als er vor anderthalb Wochen in Berlin weilte? Eine entsprechende Darstellung der italienischen Tageszeitung La Repubblica wollte die Polizeipressestelle gestern der taz nicht bestätigen.

Der ehemalige Bürgermeister von Palermo und Führer der Anti- Mafia-Partei „Rete“, Leoluca Orlando, gilt in Italien als die Symbolfigur für den Kampf gegen die Mafia. Seit der Ermordung der Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino im vergangenen Frühjahr und Sommer steht er auf der Abschußliste der Mafia vermutlich ganz oben. Wie die größte italienische Tageszeitung La Repubblica in ihrer gestrigen Ausgabe berichtete, hatte die sizilianische Mafia auf Orlando einen Anschlag geplant, als dieser am 10. Januar wegen eines Auftritts in der Fernsehshow „Menschen des Jahres“ in Berlin weilte. Der deutsche Geheimdienst, heißt es in dem Artikel weiter, hatte durch Abhören eines Telefongesprächs in Erfahrung gebracht, daß drei Männer mit Dynamit unterwegs seien, um Orlando umzubringen. Weil sich die Gerüchte um ein bevorstehendes Attentat verdichtet hätten, hätte die deutsche Polizei den sizilianischen Politiker aufgefordert, das vorbestellte Hotel in Berlin nicht zu betreten. Orlando sei daraufhin in einem anderen Quartier abgestiegen und rund um die Uhr von seinen Leibwächtern und deutschen Sicherheitsbeamten bewacht worden.

Wie der taz-Korrespondent Werner Raith gestern in Italien in Erfahrung brachte, halten die Mitarbeiter von Orlandos Büro die Darstellung der Repubblica für „ziemlich übertrieben“. Ihrem Chef sei von der Berliner Polizei schlichtweg verboten worden, das reservierte Hotel zu betreten. Andernfalls, so die Einschätzung des Orlando-Kenners Raith, wäre Leoluca bestimmt dort abgestiegen. „Er ist ein verrückter Typ und hat sich noch nie durch Warnungen von irgend etwas abhalten lassen“, weiß Raith. Orlando habe mit seinen Leben abgeschlossen, weil er glaube, daß er, egal was er tut, ermordet und dann „eh heiliggesprochen“ werde.

Ein Polizeisprecher erklärte gestern, für Orlando hätten in Berlin „keine Gefahrenanhaltspunkte vorgelegen“. Da der Sizilianer aber „abstrakt als sehr hoch gefährdete Person“ einzustufen sei, seien alle erforderlichen Maßnahmen für den Personenschutz getroffen worden. Weitere Fragen, insbesondere nach dem Grund für den Hotelwechsel, würgte der Polizeisprecher mit einem „aus Sicherheitsgründen kein Kommentar“ ab. Wem soll man nun mehr glauben, der Repubblica oder der Polizei? plu