Fernseh-Oscar

■ Nominierungen für den 29. Adolf-Grimme-Preis liegen vor

Wer das erste Mal in Marl-Mitte aussteigt, glaubt sich im Niemandsland zwischen zwei Bahnhöfen zu befinden. Doch von der einsamen Gleislandschaft darf sich der Fernsehfreund nicht schrecken lassen. Wenn es um Quality-TV geht, ist hier die richtige Adresse: Nur fünf Minuten Fußweg liegen zwischen der DB-Betongrotte und dem Adolf-Grimme-Institut des deutschen Volkshochschulverbandes, das alljährlich den wichtigsten deutschen Fernsehpreis stiftet.

Fachjournalisten, Medienpädagogen -und wissenschaftlerInnen fahnden an diesem Ort nach Sendungen, die „künstlerisch oder journalistisch erheblich über dem Durchschnitt der Fernsehproduktion liegen“, so Grimme-Chef Lutz Hachmeister. In ihren Sitzungen haben die Nominierungskommissionen 443 Fernsehbeiträge gesichtet, die die Sendeanstalten oder Zuschauer vorgeschlagen haben. 82 Beiträge waren es ihnen wert, sie an die Jurys der Endausscheidungen weiterzureichen. Das Rennen machte dabei das ZDF mit 21 Sendungen vor dem WDR (19), dem BR und dem NDR (je 7) sowie dem SWF (6) und dem Pay- TV-Kanal „premiere“ (6). Mit Werner Herzogs „Lektionen in Finsternis“, 0137-Talking Head Roger Willemsen und Neville Brodys puristischem Senderdesign avancierte „premiere“ zum erfolgreichsten Privatsender. Sat.1 konnte lediglich eine Nominierung für die Krimi-Serie „Wolffs-Revier“ ergattern. RTL guckte völlig in die Röhre.

Bei Fernsehfilmen war für die Juroren oft schon nach „einem wenig schlüssigen und spannenden Einstieg“ (Hachmeister) klar, daß es kein Edelmetall geben würde. Im Wettbewerb „Information und Unterhaltung“ blieben u.a. die ZDF-Fernsehspiele „Schlafende Hunde“, „Abgetrieben“ und Wendezeitgeschichten wie Andreas Dresens „Stilles Land“ oder Frank Beyers „Das große Fest“. Vom BR kommen Harald Juhnkes Schönhuber-Karikatur „Der Papagei“ und das Yuppie-Magazin „How much“. Der MDR konnte sich mit dem Tatort „Ein Fall für Ehrlicher“ durchsetzen. Auch „Gala“ (RB), „Lenz“ ((SR/ORB) oder „Vis-à-vis“ (NDR) wurden weitergereicht. Von den Serien gehörten „Vera Wesskamp“ (WDR) und „Der Marienhof“ (SDR/WWF) zu den Auserwählten.

Im Informationsbereich stach häufig der „konventionelle oder schlampige Umgang mit Sprache und Kommentierung“ ins Auge, so Hachmeister. Übrig blieben u.a. „Das Alaska-Syndrom“ (WDR) über die Exxon-Valdez-Katastrophe oder eine Reportage über IOC-Chef Samaranch „Die Herren der Ringe“ (NDR/Granada-TV). Was die Berichterstattung zum Thema Ausländerhaß betrifft, profilierten sich die Spiegel-TV- Reportage aus Rostock sowie der MDR-Bericht „Hoyerswerda“. Das „Kennzeichen D“-Team Euting/Schumann wurde für seinen journalistischen Einsatz in Rostock für einen der Spezialpreise vorgeschlagen. Bis zum 26.3. muß jetzt die letzte Entscheidung fallen: Dann ist Preisverleihung. SaJa