Ruf nach Obrigkeit-betr.: "Anti-Hitler-Koalition" - Hiergeblieben", taz vom 12.1.93

betr.: „Anti-Hitler-Koalition“ – Hiergeblieben“, taz vom 12.1.93

Am 30.Januar wurde Hitler die Macht nicht vom „deutschen Volk in freier Wahl“ übertragen, sondern er wurde von Reichspräsident Hindenburg nach umständlichen Palastintrigen zum Reichskanzler ernannt, nachdem er den Zenit seiner Wahlerfolge überschritten hatte. [...] Die Nazis haben durch freie Wahlen nie eine absolute Mehrheit erhalten. Nicht alle Siegermächte, sondern Amerikaner und Engländer haben die Demokratie nach 1945 in Westdeutschland wieder eingeführt, nachdem es sie 1919–-1933 schon einmal gegeben hatte. Aufgebaut und praktiziert haben diese Demokratie dann Deutsche.

Die Alliierten blieben vor allem dazu nach dem Krieg in Deutschland, um ihre Einflußsphären zu sichern. Daß die Russen „auf bewährte Art für Antifaschismus gesorgt“ hätten, die Behauptung ist nach Hoyerswerda und Rostock lächerlich. Gerade weil sie immer den Deckel auf den ostdeutschen Topf gepreßt haben, schäumt es jetzt um so mehr. Die Wiederbelebung der rechten Szene war schon vor 1989 zu bemerken, oder wie war das mit der „Wehrsportgruppe Hoffmann“?

[...] Mathias Bröckers macht es sich sehr einfach, indem er nach den Alliierten ruft, also nach einer Obrigkeit, der er die Verantwortung zuschieben kann, bestimmt kein Zeichen demokratischer Reife, und indem er von der „Dumpfheit des deutschen Wesens“ spricht, also ein bequemes Pauschalurteil da äußert, wo eine freilich Denkarbeit erfordernde rationale Analyse gefragt wäre. Kurz, sein Artikel ist von genau dem erfüllt, was er kritisiert, nämlich ignoranter Borniertheit. Axel Eilts, Detmold