Schokolade & Autos

■ Brasilien deckt seine Nachbarn ein

Rio de Janeiro (taz) – Der Handel zwischen den südamerikanischen Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay, die von 1995 an einen gemeinsamen Markt, Mercosul, bilden, ist in den letzten beiden Jahren beträchtlich gewachsen. Die Vorteile dieses Aufschwungs liegen jedoch fast ausschließlich bei Brasilien: der südamerikanische Riese überschüttet seine Nachbarländer mit Industrieprodukten wie Farbfernseher, Autos und Haushaltsgeräten sowie Textilien, Chemikalien und Schokolade.

Der größte Abnehmer Brasiliens ist mit Abstand Argentinien. Im Zeitraum von Januar bis November 1992 exportierte das tropische Riesenreich nach Angaben der brasilianischen Unternehmervereinigung zur Integration von Mercosul, Adebim genannt, Güter im Wert von 2,75 Milliarden US- Dollar in das südliche Nachbarland. 1991 betrug die Ausfuhr 1,3 Milliarden Dollar, und 1990, ebenfalls im Zeitraum von Januar bis November, lag die Exportsumme noch bei 500 Millionen Dollar.

Diese enorme Steigerung des Handels zugunsten Brasiliens ist auf das Reformprogramm der Regierung Argentiniens zurückzuführen. Die von Wirtschaftsminister Domingo Cavallo eingeführte Dollarisierung, die den argentinischen Peso der US-amerikanischen Währung gleichsetzt, schraubt die einheimischen Preise nach oben und öffnet so eine Marktlücke für die billige brasilianische Konkurrenz.

Um das argentinische Defizit (1992: rund 1,4 Mrd. Dollar) auszugleichen, hat sich Brasilien bereits dazu verpflichtet, in Zukunft mehr Erdöl aus Argentinien einzuführen. Auch mit den anderen Nachbarländern kam Brasilien in den letzten zwei Jahren dick ins Geschäft. Mercosul-Mitglied Paraguay kaufte den Brasilianern 1992 Waren im Wert von 500 Millionen Dollar ab (1991: 449 Mio. Dollar). Uruguay führte 1992 Güter für knapp 400 Millionen Dollar (1991: 324 Mio. Dollar) aus Brasilien ein.

„Brasilien ist das einzige Land Südamerikas, das industrialisierte Produkte exportiert“, sagt Außenminister Fernando Cardoso. Die Verzahnung der Mercosulstaaten sowie die Rezession in den USA und Europa hätten dazu geführt, daß der lateinamerikanische Markt bereits 20 Prozent der brasilianischen Ausfuhr absorbiere. Insgesamt exportierte Brasilien 1992 Waren im Wert von 35 Milliarden Dollar. Jeweils ein Fünftel davon ging in die USA und Asien, ein Drittel nach Europa, und die restlichen zehn Prozent verteilten sich auf Afrika und Australien.

Verglichen mit den sogenannten asiatischen Tigern jedoch wirken die brasilianischen Exportleistungen eher bescheiden. Schwellenland Malaysia bringt mit 25 Millionen Einwohnern dasselbe Exportvolumen hervor wie die 144 Millionen Brasilianer. Astrid Prange