Zahlen statt Wohnen

■ In Neukölln soll ein ganzes Mietshaus zum Wohnheim umgewidmet werden

Neukölln. Das Geschäft mit der Wohnungsnot treibt immer kuriosere Blüten. Für 28 DM pro Quadratmeter kalt und ohne Betriebskosten bieten die Eigentümer der Flughafenstraße 42, Kalisch und Krüger, die 29 entmieteten Wohnungen potentiellen Interessenten zur Übernahme als „Generalmieter“ an. Gedacht ist an eine „Nutzung der Mietwohnungen für Arbeitnehmer, privat oder als Wohnheim beziehungsweise pensionsähnlicher Einrichtungen“, so die Offerte der im Auftrag der Eigentümer tätigen Hausverwaltung Görner.

„In den letzten anderthalb Jahren wurde das Haus weitgehend entmietet“, sagt Ursula Dyckhoff von der Arbeitsgemeinschaft Sozialplanung und Mieterberatung (ASM). „Den Mietern wurden entweder Geld oder eine Ersatzwohnung angeboten.“ Von den ursprünglichen BewohnerInnen leben noch vier Mietparteien in ihren Wohnungen. Die laufenden Modernisierungsarbeiten sollen Ende März abgeschlossen sein. Die Baukosten belaufen sich laut ASM auf etwa 1,5 Millionen DM. Bei erwarteten Mieteinnahmen von 60.000 DM monatlich würden sich die Investitionen der Eigentümer in weniger als zwei Jahren amortisiert haben“, kritisiert Ursula Dyckhoff. Bei einem Übernahmesatz von 35 DM pro Person und Tag und einer Belegung von vier Personen pro Wohnung würde der gewerbliche Zwischenmieter nahezu das Doppelte der Mieteinnahmen vom Sozialamt kassieren, schimpft die Mieterberaterin. „Dieser Vorgang ist so skandalös wie die sich angesichts der Wohnungsnot immer mehr verbreitende Methode selbst.“ Im Bezirksamt Neukölln zeigte man sich gestern ablehnend. „Es wird zur Zeit noch gebaut“, erklärte der Leiter des Wohnungsamts, Hennig, gegenüber der taz. „Wenn jemand aber die Absicht hat, die Wohnungen nicht Wohnzwecken zuzuführen, werden wir dem nicht zustimmen.“ Uwe Rada