Rechte Diffamierungen gegen einen Mediziner

■ Der Name eines Oberarztes an der FU wird von Neonazis mißbraucht/ Vor zwei Jahren von Skinheads angegriffen

Berlin. Mit immer raffinierteren Mitteln versuchen Rechtsextremisten, ihnen mißliebige Personen zu verunglimpfen. Opfer eines besonders krassen Falles wurde nun der Oberarzt Siegfried Veit, der an einer Klinik der Freien Universität (FU) arbeitet. In identischen Schreiben, die in den vergangenen zwei Wochen bei der taz, einem Angehörigen der Humboldt-Universität und bei der in Unterföhring (München) ansässigen Produktionsfirma „Crime TV“ (SAT.1) eingingen, wird sein Name für völkische und rassenbiologische Propaganda mißbraucht. In dem zweiseitigen „offenen Brief“, die Veits Anschrift und Telefonnummer trägt, wird unter anderem der Eindruck erweckt, der 41jährige sei Anhänger des Nationalsozialismus und propagiere den Kampf gegen Ausländer. Der Vorgang ist mittlerweile auch dem Staatsschutz bekannt, wie ein Polizeisprecher gestern bestätigte.

Veit ist nicht das erste Opfer dieser Methode: der taz liegen mehrere Flugblätter aus dem Frühjahr 1992 vor, in denen Namen von prominenten Wissenschaftlern und der einer Flüchtlingsberaterin für rassistische Ausfälle mißbraucht wurden.

Veit, der unter anderem Mitglied der Organisation „Amcha“ ist – sie kümmert sich um NS-Opfer –, vermutet hinter den anonymen Schreiben eine „Racheaktion“ von Anhängern der mittlerweile verbotenen rechtsextremen „Nationalistischen Front“ (NF). Seinen Verdacht begründet Veit mit einem Ermittlungsverfahren, das seit einem Überfall von Skinheads der NF auf ihn und seine Frau am 10. August 1991 im ehemaligen KZ Ravensbrück läuft. Dort war es zu einer Schlägerei gekommen, nachdem Veit die Skinheads aufgefordert hatte, das Verteilen von NF-Flugblättern einzustellen. Unmittelbar nach der Tat stellte er Anzeige wegen Verbreitung neonazistischen Propagandamaterials, Körperverletzung und Raub – die Skinheads hatten eine Kamera mitgehen lassen. Die dadurch ausgelösten Ermittlungen in Potsdam muten wie ein Possenspiel an: obwohl den Behörden inzwischen die Autonummer des Skinhead-Fluchtautos bekannt ist, wurde Veit nie als Zeuge vorgeladen. Veits Anwalt Hans-Joachim Ehrig erstattete deshalb im Februar 1992 beim Innen- und Justizministerium des Landes Brandenburg eine Anzeige wegen „Strafvereitelung im Amt“. Mit dem lapidaren Satz „Die Akte war außer Kontrolle geraten“, entschuldigte sich daraufhin die Staatsanwaltschaft Potsdam im April in einem Schreiben an den Anwalt.

Ein Staatssekretär Dr. Ruckriegel aus dem Brandenburger Innenministerium teilte schließlich zwei Monate später mit, daß auch die Polizeibeamten „nicht mit der gebotenen Sorgfalt alle ihnen zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten ausgenutzt haben“. Eine Antwort, die den Anwalt in keiner Weise befriedigt: „Ich habe immer noch den Eindruck, daß die Sache nicht mit dem nötigen Nachdruck verfolgt wird.“ Severin Weiland