Wegen Jazz-Musik ins Jugend-KZ

■ Ausstellung in Northeim schildert Zustände in „polizeilichen Jugendschutzlagern“

Widerstand sollte in der lähmenden Atmosphäre der Angst gebrochen werden. Eingepfercht, unterdrückt und ökomomisch ausgebeutet, verbrachten Tausende von deutschen Jugendlichen die Kriegsjahre 1940 bis 1945 in Konzentrationslagern. In der Klosterkirche Brunshausen bei Bad Gandersheim (Kreis Northeim) ist seit einer Woche eine eindrucksvolle kleine Ausstellung mit dem Titel „Wir hatten doch gerade angefangen zu leben“ eröffnet, die Zustände in den Konzentrationslagern Moringen und Uckermark in der Nähe der mecklenburgischen Stadt Fürstenberg schildert. Martin Guse von der Lagergemeinschaft und Gedenkstätteninitiative KZ Moringen hat die Ausstellung gemeinsam mit dem Landkreis Northeim zusammengestellt. Sie soll im Rahmen der Jugendarbeit über die Folgen des Nationalsozialismus aufklären, besonders nachdem im Kreis Northeim die Aktivitäten Rechtsradikaler nicht abreißen.

Bis in die 80er Jahre war es weitgehend unbekannt, daß neben den großen Vernichtungslagern von der SS und dem Polizeiapparat im nationalsozialistischen Deutschland sogenannte „polizeiliche Jugendschutzlager“ eingerichtet worden waren. Eines der Lager für Jungen bestand von 1940 bis 1945 im heutigen niedersächischen Landeskrankenhaus Moringen. Ein Jugend-KZ für Mädchen war von 1942 bis 1945 in Uckermark. Die Jugendlichen, die nicht den nationalsozialistischen Vorstellungen „Schnell wie Windhunde und zäh wie Kruppstahl“ entsprachen, sondern lieber Jazzmusik hörten und „undeutsche Dichter“ lasen, wurden brutal aus ihren bisherigen Lebenszusammenhängen gerissen und als „gemeinschaftsfremd“ im Jugend-KZ infhaftiert.

Dort waren sie dem Terror der SS, den kriminalen und erbbiologischen Selektionspraktiken, der Zwangsarbeit und dem Hungertod ausgesetzt. Durch zahlreiche Fotos und Texte werden Schicksale und bisher unbekannte Lebenswege jugendlicher Häftlinge, ihre Verfolgung, Inhaftierung, Ausgrenzung oder ihr Tod dokumentiert. dpa

bis 31. Januar