: Orkan in Bremen: Mit 120 km/h durch die Stadt
■ Barbara und Agnes zeigten sich gnädig und richteten kaum Schaden an / Dritthöchster Wasserstand in der Bremen
Tüchtig durchgepustet wurden die BremerInnen am Wochenende. Ein Sturm jagte den nächsten, in Bremen, Hamburg und an der Küste gab es Sturmflutwarnung. Überraschend stieg die Weser in der Nacht von Freitag auf Samstag auf 2,50 Meter über dem mittleren Tidehochwasser. Spaziergänger konnten am Samstag morgen am Uferweg nur noch das Strandgut und die übrig gebliebenen Pfützen begucken: Weit auf den Weserwiesen oben hatte die Flut in einer ordentlichen Linie Äste und Zweige hinterlassen.
Für Fritz Bliesener, der im Wasserwirtschaftsamt die Pegel bewacht und dafür sorgt, daß die Hochwassertore rechtzeitig geschlossen werden, war es eine harte Nacht: „Bremerhaven meldete plötzlich einen Pegel von 2,80 Meter. Wenn sich das bis Bremen durchgesetzt hätte, hätten wir eine Flut wie 1962 oder 1976 gehabt.“ Zum Glück blieb das Wasser drunter, und mit 4,85 über Normalnull blieb es in Bremen beim dritthöchsten Wasserstand seit Beginn der Messungen. Dennoch mußte der Werdersee geflutet werden, die Wehrstraße war Freitag Nacht unter Wasser und wurde für den Verkehr gesperrt.
Auf Sturmtief „Agnes“ folgte am Sonntag Sturmtief „Barbara“. Orkanböen mit Geschwindigkeiten bis 120 Kilometer pro Stunde rissen Äste ab, stürzten Bäume um und nahmen Dachpfannen mit. Über 60 Ein
Die schnelle Barbara in windiger Laune: Mit 120 Stundenkilometern durch die StadtFoto: Tristan Vankann
sätze seit sechs Uhr früh meldete die Feuerwehr am Sonntag nachmittag. Doch die Keller blieben überwiegend trocken. Nur in Bremen-Nord lief in der Nacht auf Samstag ein Keller voll.
Viel hatte Agnes der Barbara
hier bitte
das —Sturmfoto
nicht übriggelassen: „Ein zweiter oder dritter Sturm in Folge findet kaum noch Dinge, die er mitnehmen kann“, so Diplom- Meteorologe Günther Fleischhauer. Auch Fritz Bliesener sah der angekündigten Sturmflut am frühen Sonntag Nachmittag gelassen entgegen: „Diesmal soll es ja nur bis zwei Meter gehen“. Der Wind stand für Bremen günstig: Bei Westwind wird die Flut nicht in die Weser hineingedrückt.
Zwar waren sowohl Wasserwirtschaftsamt als auch Hafenamt am Sonntag in Alarmbereitschaft, doch „bei zwei Metern ist keine Gefahr gegeben“, meinte Wasserbauingenieur Gerhard
Thoms. Der Ingenieur ist für die Schadensbilanz nach dem Sturm zuständig: Unterspülte Kajen oder zerstörte Ponton-Brücken müssen gemeldet und repariert werden. Und Bremen kam nochmal glimpflich davon: „Wir brauchen in Bremen-Nord nicht einmal die Tore zu schließen“, meldete Fritz Bliesener eine Stunde, bevor die Flut ihren Höchststand erreichte. Nur in Vegesack mußte die Fähre wegen Sturms den Verkehr einstellen.
„Ein Routinesturm“, sagte die Wasserschutzpolizei in Bremerhaven: Die Fähre zwischen Bremerhaven und Blexen mußte am Sonntag bis 17 Uhr den Verkehr einstellen. Das
Wasser floß nur schlecht ab.
Auf offener See hingegen war am Sonntag morgen „die Hölle los“, meldete ein Einsatzleiter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Nordwestlich von Borkum ging ein Seemann über Bord. Auf den Notruf des Frachters „Star Traider“ startete der auf Borkum stationierte Seenotrettungskreuzer Alfred Krupp in See. Zwei Hubschrauber und die in der Nähe stehenden Schiffe beteiligten sich an der Suchaktion, die nach vier Stunden jedoch ergebnislos abgebrochen werden mußte. Der Seemann sei vermutlich tot, teilte ein Sprecher der DGzRS mit. dir/vivA/dpa
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